Michael Jacksons Leibarzt Conrad Murray gerät bei den Untersuchungen zu den Todesumständen immer mehr unter Druck. Zeugen belasten ihn.

Los Angeles. In der Anhörung gegen Michael Jacksons Leibarzt Conrad Murray hat ein Sanitäter den Mediziner beschuldigt, ihm in der Todesnacht eine wichtige Information vorenthalten zu haben. Der Sanitäter Richard Senneff, der per Notruf zum Anwesen des Popstars gerufen worden war, sagte am Mittwoch in Los Angeles aus, Murray habe verschwiegen, dass er dem Sänger das Narkosemittel Propofol verabreicht hatte. Der Arzt habe lediglich gesagt, dass er Jackson das Beruhigungsmittel Lorazepam gegeben habe, um ihm beim Einschlafen zu helfen.

Murray habe angedeutet, dass Jackson wegen Dehydrierung behandelt werde, sagte der Sanitäter aus. Murrays Äußerungen hätten jedoch keinen Sinn ergeben, da der Sänger so blass und abgemagert ausgesehen habe. Er habe Jackson zunächst nicht erkannt und geglaubt, es handele sich um einen todkranken Hospiz-Patienten, erklärte Senneff. Der Körper des Sängers sei kalt gewesen, Hände und Füße hätten sich blau verfärbt. Murray habe ihm gesagt, dass Jackson gerade erst das Bewusstsein verloren habe. Angesichts von dessen Zustand sei es aber offensichtlich gewesen, dass der Popstar bereits seit mindestens 20 Minuten ohne Bewusstsein gewesen sei.

Nachdem es ihm nicht gelungen sei, Jackson mit Medikamenten, einem Beatmungsgerät oder anderen Maßnahmen wiederzubeleben, habe er seine Wache im UCLA Medical Center angerufen. Er habe erklärt, der Patient sei eine sehr bekannte Persönlichkeit und um eine Einlieferung in die Klinik gebeten. Dann habe er Jacksons Leichnam in seinen Krankenwagen gebracht. Als er ins Schlafzimmer zurückging, habe Murray neben dem Bett gestanden. "Er hatte eine weiße Plastik-Mülltüte und hob Zeug auf", sagte Senneff vor Gericht. Murray begleitete Jacksons Leichnam im Krankenwagen zur Klinik. Wiederbelebungsversuche verliefen auch dort erfolglos, der Sänger wurde um 02.27 Uhr für tot erklärt.

Aussage von Leibwächter scheint Vorwurf von Staatsanwalt zu stützen

In der Anhörung hatte zuvor ein Leibwächter des Popstars ausgesagt. Die Staatsanwaltschaft wirft dem Mediziner Murray vor, Leibwächter Alberto Alvarez gezwungen zu haben, Spritzen und anderes Material zu verstecken, bevor endlich der Notarzt gerufen wurde. Die Aussage Alvarez' am Mittwoch schien dies zu bestätigen. Murray habe eine Handvoll Ampullen in einen Beutel getan, sagte der Leibwächter im Zeugenstand. Alvarez war das erste Mitglied des Sicherheitsdienstes, das im Schlafzimmer des sterbenden Stars eintraf.

Die Staatsanwaltschaft wirft Murray vor, es habe bei seinen Handlungen "extreme Abweichungen vom Pflegestandar"„ gegeben. Staatsanwalt David Walgren will beweisen, dass Murray bis zu 21 Minuten wartete, bevor er den Rettungsdienst rief. Die von großem Medieninteresse begleitete Anhörung in Los Angeles soll voraussichtlich bis nächste Woche dauern. Am Ende entscheidet dann der Richter, ob es genug Beweise gibt, um Murray den Prozess wegen fahrlässiger Tötung zu machen. Im Falle einer Verurteilung drohen dem Arzt bis zu vier Jahre Haft und der Entzug seiner Lizenz.

Die Verteidigung könnte im Prozess einen möglichen Selbstmord des "King of Pop" geltend machen. Der Anwalt des angeklagten Kardiologen hat erklärt, in Jacksons Körper sei eine große Menge des Narkosemittels Propofol gefunden worden, der Mediziner habe nach eigenen Angaben jedoch nur 25 Milligramm des Medikaments injiziert. Jackson war im Juni 2009 an einer Überdosis Propofol gestorben.