Im Christkind-Postamt in Engelskirchen gehen seit 25 Jahren Briefe ein. Birgit Müller ist eine der Helferinnen, die sie beantworten.

Engelskirchen. Auf dem Boden des Christkind-Postamts ind Engelskirchen stapeln sich gelbe Kästen. Bunte Briefe quellen daraus hervor. Die Umschläge sind mit Aufklebern, Sternenstaub und Gummibärchen verziert. Birgit Müller und neun Helferinnen halten Wunschzettel in den Händen. Sie spielen Christkind. Das Christkind-Postamt gibt es schon seit 25 Jahren. Kinder – aber auch Erwachsene – schicken pro Jahr insgesamt rund 150000 Briefe an das Christkind, am 15.11. ging sogar der millionste Brief ein. Seit 17 Jahren hilft Müller, sie zu beantworten. Das Schöne an dem Job? "Man ist hier sehr gut informiert", sagt sie. Die 50-Jährige weiß zum Beispiel, dass "Schweineschwarte" ein Gesellschaftsspiel ist. Vor kurzem war es der Renner auf den Wunschlisten. Außerdem hat sie mitbekommen, dass Teenies für den Popstar Justin Bieber schwärmen: Ein Date mit ihm war zuletzt ähnlich begehrt wie "Schweineschwarte". In einigen der verzierten Briefe sind auch Plätzchen. Die Kinder versuchen, das Christkind mit selbst gebackenen Leckereien zu bestechen. Die teilen die Helfer gerecht unter sich auf: "Wir sind in einem himmlischen Büro, da wird geteilt und nicht gestritten", erklärt Müller schmunzelnd. Jedes Jahr arbeitet sie ab November täglich im Christkind-Postamt.

In der heißen Phase, kurz vor Heiligabend, können das sogar 12 bis 15 Stunden am Stück sein. Eigentlich ist sie in verschiedenen Museen tätig. In den Wochen vor Weihnachten pausiert sie dort. Aber wie kommt man eigentlich dazu, Christkind zu werden? Müllers Mann arbeitet bei der Post. Eines Tages kam er nach Hause und erzählte, es seien so viele Briefe an das Christkind eingegangen, dass dringend Helfer gesucht würden, die sie beantworten. Ob sie Interesse habe? Das hatte sie. In ihrer Kindheit hat Müller selbst Briefe an das Christkind geschrieben. Das sei eine wunderschöne Zeit gewesen – allerdings habe sie der Glaube an Knecht Ruprecht traumatisiert. Der kam nämlich ins alte Engelskirchener Krankenhaus und demonstrierte, was er mit unfolgsamen Kindern macht: Kopfüber in seinen Sack stecken. "Ich hatte Angst ohne Ende", gesteht Müller. Heute schreiben Kinder immer noch ans Christkind – die Zahl der Briefe ist sogar kontinuierlich gewachsen. 2003 waren es noch 27000 Sendungen, im vergangenen Jahr sind mehr als 150000 eingegangen – und das in Zeiten von Handy und Internet. Dem Christkind ein E-Mail-Postfach einzurichten, davon hält Müller nicht viel: "Die Kinder wollen das traditionell, weil sie basteln und kleben wollen." Außerdem könnte man das Christkind dann nicht mehr mit Plätzchen bestechen.