Die Obduktion der Leichen ergab, dass die Amokschützin ihren Mann mit zwei Schüssen tötete und ihren kleinen Sohn mit einer Plastiktüte erstickte.

Lörrach/Berlin. Die Amokläuferin von Lörrach hat ihren kleinen Sohn erst bewusstlos geschlagen und dann mit einer Plastiktüte erstickt. Das habe die Obduktion der Leichen ergeben, erklärte die Polizei am Dienstag. Mit 17 Schüssen aus Polizeiwaffen war die 41-jährige Sportschützin von Polizeibeamten erschossen worden.

Ihren Ex-Partner, den Vater des Kindes, hatte die Anwältin mit zwei Schüssen in Kopf und Hals getötet. Höchstwahrscheinlich sei der Tod des fünfjährigen Kindes durch das Ersticken eingetreten, teilten die Ermittler mit. Vater und Sohn wurden nach Informationen aus Polizeikreisen nebeneinanderliegend auf dem Bett gefunden.

Nach der Tat steckte die 41-Jährige ihre Wohnung in Brand, stürmte ins benachbarte St. Elisabethen-Krankenhaus und erschoss dort einen 56-jährigen Pfleger. Er erlitt drei Schüsse in Köpf und Hals sowie Stichverletzungen in den Oberkörper.

Weiter unklar ist, warum Sabine R. in die Klinik gelaufen ist und ob es einen Zusammenhang mit einer Fehlgeburt gibt, die sie dort 2004 hatte. Die Frau lebte seit Juni getrennt von ihrem Mann. Das Kind lebte beim Vater und war zum Zeitpunkt der Bluttat bei der Mutter zu Besuch. Als der Vater das Kind abholen wollte, kam es zu den Schüssen. Ein Sorgerechtsstreit sei nicht anhängig gewesen, hatte die Polizei zuvor mitgeteilt.

Heftige Debatte um Waffenrecht in Deutschland entbrannt

Unterdessen ist nach dem Amoklauf von Lörrach mit vier Toten erneut eine Debatte um das Waffenrecht entbrannt. Polizei und FDP lehnen eine Verschärfung jedoch ab. „Wir müssen erst mal die Novellierung, die wir nach Winnenden haben, in die Praxis umsetzen“, sagte der Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei, Konrad Freiberg, am Dienstag im ZDF-Morgenmagazin. Die Kommunen könnten schon jetzt die sichere Aufbewahrung von Waffen kontrollieren - unabhängig davon, ob ein Verdacht besteht. Doch dies scheitere vielerorts am mangelnden Personal.

Nach Angaben des Deutschen Schützenbundes war die Amokläuferin bereits 1996 aus dem Schützenverein ausgetreten, hatte ihre Waffe aber behalten. „Dies wäre heute so nicht mehr möglich“, sagte der Verbandssprecher Birger Tiemann. Das geltende Recht hätte den Amoklauf verhindern können.

Seit 2003 müsse ein Schützenverein jeden Austritt der kommunalen Behörde melden. Diese prüfe dann, ob der Ausgetretene weiterhin ein berechtigtes „Bedürfnis“ habe, eine Waffe zu besitzen. Wenn ein Sportschütze nicht mehr regelmäßig im Verein schieße, müsse ihm die Waffe jetzt in der Regel abgenommen werden. „Natürlich werden jetzt Generalverdächtigungen über die ganzen Schützen ausgebreitet.“ Aber die Schützenvereine seien an strenge gesetzliche Vorgaben gebunden: „Wir haben in Deutschland schon mit eines der strengsten Waffengesetze der Welt.“

Die Fraktionschefin der FDP im Bundestag, Birgit Homburger, mahnte striktere Kontrollen von Waffenbesitzern an. „Die Aufbewahrungsvorschriften müssen stärker überprüft werden“, sagte sie am Dienstag in Stuttgart. Eine generelle Verschärfung des Waffenrechts lehnte Homburger ab. Sie glaube nicht, dass es eine Debatte um das Waffenrecht brauche. Der Amoklauf zeige, dass es absolute Sicherheit nicht geben könne.

+++ Das Waffenrecht in Deutschland +++

Die Hinterbliebenen des Amoklaufs von Winnenden forderten dagegen eine erneute Verschärfung. „Man muss die Waffen aus den Privathaushalten verbannen“, sagte Hardy Schober, Mitbegründer des Aktionsbündnisses Amoklauf Winnenden. „Die Amokläuferin in Lörrach war eine Sportschützin und war aus dem Schützenverein ausgetreten. Warum musste sie die Waffen nicht abgeben? Zumal sie psychisch labil war.“ Nichts spreche dagegen „Waffen zentral und gut gesichert aufzubewahren.“

+++ Fakten zur Amokläuferin aus Lörrach +++

In Winnenden - ebenfalls Baden-Württemberg - hatte ein Jugendlicher im März vergangenen Jahres mit der Waffe seines Vaters, eines Sportschützen, 15 Menschen und sich selbst erschossen. Anschließend war das Waffenrecht verschärft worden. Vor dem Landgericht Stuttgart wurde am Dienstag der Prozess gegen Vater des Amokläufers von Winnenden fortgesetzt. Der Sportschütze wird beschuldigt, die Tatwaffe im unverschlossenen Schlafzimmerschrank aufbewahrt und damit gegen das Waffengesetz verstoßen zu haben.