Laut dem Rechtsmediziner Stephan Seidl hätten regelmäßigen Vorsorgeuntersuchungen Leas Tod wahrscheinlich verhindern können.

Weiden. Die zweijährige Lea aus dem oberpfälzischen Tirschenreuth hätte bei regelmäßigen Vorsorgeuntersuchungen mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht an einer Lungenentzündung sterben müssen. Das geht aus der Aussage des Erlanger Rechtsmediziners Stephan Seidl vor dem Landgericht Weiden am Freitag hervor. Seidl hatte Leas Leiche obduziert. Ihr "miserabler Ernährungs- und Pflegezustand" wäre einem Kinderarzt aufgefallen, sagte er. Der schlechte Allgemeinzustand des Mädchens habe den schweren Verlauf der viralen Lungenentzündung begünstigt.

Leas Mutter muss sich seit Montag wegen Misshandlung von Schutzbefohlenen, Verletzung der Fürsorgepflicht und gefährlicher Körperverletzung vor Gericht verantworten. Sie bestritt aber, Leas Tod gewollt zu haben . Lea war von ihrer Mutter am Morgen des 27. März tot in ihrem Bett gefunden worden. Zu diesem Zeitpunkt wog das fast drei Jahre alte Mädchen nur noch 8,2 Kilogramm. Laut Rechtsmediziner Seidl wäre in ihrem Alter ein Gewicht von 14 Kilogramm normal gewesen. Sie war zudem stark ausgetrocknet und litt unter anderem an einem Wasserkopf infolge einer Gehirnhautentzündung sowie an einer doppelseitigen schweren Mittelohrentzündung.

Laut Seidl sterben auch in westlichen Industrienationen etwa drei von 1.000 Kindern jährlich an einer virusbedingten Lungenentzündung, an der auch Lea erkrankt war. Da sie aber unter "miserablen hygienischen Umständen" gelebt habe und durch ihren Allgemeinzustand stark geschwächt gewesen sei, habe sie ein siebenfach höheres Sterberisiko gehabt. Weil eine virale Lungenentzündung auch ohne typische Symptome wie Fieber und Husten möglich ist, habe es zwar für die Mutter schwer sein können, diese Krankheit zu erkennen. Die Folgen der ebenfalls viralen Hirnhautentzündung ihrer Tochter wie den beginnenden Wasserkopf und Gehstörungen hätte die 22-Jährige aber bemerken müssen. Daran muss Lea nach Aussage des Rechtsmediziners schon Monate vor ihrem Tod erkrankt sein.

Der am 27. März gerufene Notarzt schilderte, angesichts des Zustands der Leiche, die in ihrem Erbrochenen lag, habe er sofort erkannt, dass etwas nicht stimmen könne und die Polizei gerufen. Zur Todesursache habe ihm Leas Mutter erzählt, das Mädchen habe an einem Gendefekt gelitten und sei deshalb noch zwei Wochen vorher im Krankenhaus gewesen.

Lea musste offensichtlich unter Beziehungsaus leiden

Leas Kinderarzt sagte, er habe das Mädchen zuletzt als Säugling zu Gesicht bekommen. Damals sei es normal entwickelt und gesund gewesen. Lea habe keinerlei ernstere Krankheiten gehabt. Mit ihrem jetzt vier Jahre alten, entwicklungsverzögerten Bruder Felix sei die Mutter häufiger zu ihm gekommen. Ein Polizist, der die Frau einen Tag nach der Tat vernommen hatte, sagte aus, die 22-Jährige habe ihre Aussage wie jemand gemacht, der "zu irgendeiner lapidaren Sache was sagt". Sie sei erst in Tränen ausgebrochen, als er sie mit seinem Eindruck konfrontiert habe und habe gesagt, ihre Tochter habe darunter leiden müssen, dass sie ihren Mann zurückhaben wollte. Wörtlich habe sie gesagt: "Vielleicht war es mir egal, dass sie stirbt. Ich habe aber nicht gedacht, dass sie so schnell sterben könnte."

Der Prozess wird am Montag (27. September) fortgesetzt. Möglicherweise wird dann das Urteil gesprochen.