Möglicherweise müssen Anwohner evakuiert werden. Der Scheitelpunkt der Flutwelle an Neiße und Spree wird für die Nacht erwartet.

Potsdam/Berlin/Bad Muskau. 17.12 Uhr: Brandenburgs Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) sagte, es gebe nur wenig Erfahrungen mit Hochwasser an Spree und Neiße. Die Deiche seien anders als an der Oder mehrere Jahrzehnte alt. Helfer der Freiwilligen Feuerwehren seien bereits dabei, erste Sickerstellen abzudichten. Platzeck war am Nachmittag in das Hochwassergebiet zu den Krisenstäben in Forst und Guben aufgebrochen. In beiden Städten wird am Abend oder in der Nacht zum Dienstag der Scheitelpunkt der Hochwasserwelle aus Polen erwartet. Im Hochwassergebiet wurden 400.000 Sandsäcke bereitgestellt, Helfer bereiten sich auf die mögliche Evakuierung von Menschen vor.

15.45 Uhr: Wegen der aus Sachsen anrollenden Flutwelle an Neiße und Spree haben auch die Brandenburger Behörden Katastrophenalarm angekündigt. Noch im Laufe des Tages werde an den Flussabschnitten im Südosten des Bundeslandes die höchste Alarmstufe IV ausgerufen, sagte Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) am Montag in Potsdam. „Wir halten die Situation für höchst angespannt.“ Evakuierungen seien nach derzeitigem Stand nicht notwendig, die Helfer seien aber darauf vorbereitet. Besonders gefährdet seien die 100 Einwohner des Dorfes Pusack nördlich von Bad Muskau an der Neiße.

15:30 Uhr: Die bisherigen Strategien des Hochwasserschutzes in den Bundesländern tragen laut dem Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) eine Mitschuld an der aktuellen Flut in Sachsen . Gebäude und Verkehrswege würden noch immer in potentielle Überflutungsgebiete hinein gebaut. Die Flüssen benötigen jedoch mehr Raum für erneute Hochwasser, kritisierte der zuständige BUND-Hochwasserexperte Winfried Lücking am Montag in Berlin. Er forderte ein Bauverbot in Flussauen und Restriktionen bei der landwirtschaftlichen Nutzung in Flussgebieten. Dabei sei es nach den verheerenden Fluten an der Oder im Jahr 1997 und an der Elbe 2002 erklärte Absicht von Bundes- und Länderregierungen gewesen, den Flüssen mehr Raum zu geben. Inzwischen seien ihnen jedoch vier Fünftel ihrer Überschwemmungsfläche genommen, und nur ein Hundertstel zurückgegeben worden, erklärte Lücking.

13.11 Uhr: In der Nähe von Bad Muskau ist ein Deich gebrochen. Das teilte der Katastrophenstab des Landkreises Görlitz am Montagmittag mit. Betroffen davon sind der Bad Muskauer Ortsteil Saga und der Ort Podrosche.

12.11Uhr: Die Flut aus Sachsen hat das Bundesland Brandenburg erreicht. An der Spree in Spremberg und an der Neiße bei Klein Bademeusel gilt seit Montagvormittag die Alarmstufe 3, teilte das Landesumweltamt mit. Bis zum Abend müsse dort jeweils mit der höchsten Alarmstufe 4 gerechnet werden, sagte ein Behördensprecher. Eine genauere Prognose sei schwierig, weil es an Pegeln zwischen Sachsen und Brandenburg mangele. Berlin soll vorerst vom Hochwasser an Spree und Neiße verschont bleiben. „Bisher ist alles ruhig“, sagte ein Sprecher der Wasserschutzpolizei am Montag. Es gebe keine Anzeichen für wachsendende Pegelstände an den Gewässern der Hauptstadt.

10.19 Uhr: Der Hochwasserscheitel der Neiße hat das nordsächsische Bad Muskau erreicht. Das teilte das Landeshochwasserzentrum in Dresden am Montagvormittag mit. Sprecherin Karin Bernhardt sagte, die Welle sei auf dem Weg nach Norden noch etwas abgeflacht, komme aber zügig voran. Sie werde in den Mittagsstunden die Landesgrenze zu Brandenburg passieren.

In Bad Muskau waren zuvor vorsorglich rund 100 Menschen in Sicherheit gebracht worden. Der Leiter des Katastrophenstabes, Thomas Gampe, nannte im Radiokanal MDR info als Grund, im Ortsteil Sagar müsse damit gerechnet werden, dass der Deich den Wassermassen nicht standhalte.

Bedroht ist auch der Fürst-Pückler-Park , der auf der Unesco-Liste des Welterbes steht. Die Behörden rechnen aber entgegen ersten Befürchtungen nicht mit besonders gravierenden Schäden. Bürgermeister Andreas Bänder (CDU) sagte dem Sender, eine Überflutung des Parks lasse sich schon wegen seiner Lage nicht vermeiden. Er rechne aber nicht damit, dass es wirklich zu größeren Schäden komme. So seien Technik und Mobiliar aus den Gebäuden in Sicherheit gebracht worden. Auch das Schloss sei zusätzlich gesichert worden.

Während die Menschen in Bad Muskau und weiter nördlich in Brandenburg noch bangen mussten, ging das Hochwasser in Ostsachsen bereits deutlich zurück. Die Neiße hatte am Pegel Görlitz am Vormittag einen Stand von 5,37 Meter. Der Höchststand hatte am Sonntag bei 7,07 Meter gelegen. Vielerorts konnten die ersten Menschen in ihre Häuser zurückkehren.

Nach Angaben des Krisenstabs des sächsischen Innenministeriums wird die Neiße in Ostsachsen im Laufe des Tages fast auf Normalstand gesunken sein. Es werde auch nicht mit einer zweiten Flutwelle gerechnet.

An der oberen sächsischen Elbe kann dagegen noch keine Entwarnung gegeben werden, da sich Wassermassen von der Moldau und der Elbe auf Sachsen zubewegen. Die Hochwassermarke werde aber deutlich unter der aus dem Jahr 2002 bleiben, hieß es.

Der sächsische Ministerpräsident Stanislaw Tillich rechnet mit massiven Schäden durch das Hochwasser in Sachsen und stellte den Betroffenen Hilfen auf unkompliziertem Weg in Aussicht. Im Deutschlandradio Kultur sagte der CDU-Politiker, im Erzgebirge und der Sächsischen Schweiz sei das Wasser inzwischen schon wieder weg, in Görlitz und Bad Muskau hingegen noch immer da. „Wir werden massive Schäden in der Infrastruktur haben, aber natürlich auch im privaten Eigentum“, sagte Tillich. Diese Schäden könnten erst in den nächsten Tagen ermittelt werden.

Tillich forderte zudem Aufklärung darüber, wie es zum Bruch der Staumauer in Polen kommen konnte. Nach der Jahrhundertflut 2002 sei die Meldekette verbessert, Deiche seien rückgebaut worden, Flüsse hätten mehr Raum bekommen. Durch ungewöhnlich schwere Regenfälle und den Bruch der polnischen Staumauer zehn Kilometer vor Görlitz sei aber dieses Mal die Natur Sieger geblieben, erklärte er. Eine Staumauer müsse eigentlich aber so sicher sein, dass dies nicht passiere, fügte er hinzu. Polnische und deutsche Experten werden nach seinen Angaben in den nächsten Tagen zusammen die Mauer untersuchen, um die Gründe für den Bruch herauszufinden.

Ein Bild von der Lage in den betroffenen Gebieten machte sich am Montag auch Bundesinnenminister Thomas de Maizière. Der CDU-Politiker reiste gemeinsam mit dem sächsischen Innenminister Markus Ulbig (CDU) nach Bautzen. Der Bundesinnenminister Thomas de Maizière stellte den Opfern des verheerenden Hochwassers in Sachsen Hilfe des Bundes in Aussicht.