Schweigeminuten und Gebete für mehr als 19.000 Todesopfer. Ministerpräsident verspricht Wiederaufbau der zerstörten Gebiete.

Tokio. Um 14.46 Uhr brach die Katastrophe über Japan herein: Das ganze Land hat am Sonntag mit einer Schweigeminute und Gebeten an die Opfer der verheerenden Naturkatastrophe vor einem Jahr erinnert. Am 11. März 2011 erschütterte ein schweres Erdbeben den Nordosten des Landes und löste einen riesigen Tsunami aus. Mehr als 19.000 Menschen kamen ums Leben. Im Atomkraftwerk Fukushima-Daiichi kam es in den folgenden Tagen zum größten nuklearen Unglück seit Tschernobyl.

«Wir werden an der Seite der Menschen aus den Katastrophengebieten stehen und uns die Hände reichen, um die historische Aufgabe des Wiederaufbaus zu meistern», sagte der japanische Ministerpräsident Yoshihiko Noda bei einer Zeremonie im Nationaltheater von Tokio. Er erinnerte daran, dass das japanische Volk in der Vergangenheit viele Katastrophen und Schwierigkeiten überstanden habe. Die verwüsteten Regionen würden wieder aufgebaut, das Land werde dann «ein besserer Ort» sein.

Auch Kaiser Akihito hielt eine kurze Ansprache. Das Gebiet um das Atomkraftwerk müsse wieder bewohnbar gemacht werden, erklärte er. «Wir werden unsere Erinnerung an die Katastrophen nicht verblassen lassen, den Katastrophenschutz nicht vernachlässigen und uns bemühen, dieses Land zu einem sichereren Ort zum Leben zu machen», sagte der Kaiser.

In der verwüsteten Küstenstadt Rikuzentakata ertönte eine Sirene, ein buddhistischer Mönch ließ in einem zerstörten Tempel eine große Glocke erklingen. Menschen aus dem ganzen Land versammelten sich an einem Baum, der inmitten starker Zerstörung die Flutwelle überstand. Einige gingen an die Orte ihrer einstigen Häuser und legten dort Blumen für ums Leben gekommene Angehörige nieder.

«Ich wollte Menschen retten, aber ich konnte es nicht. Ich konnte nicht einmal meinem Vater helfen», sagte die 42-jährige Naomi Fujino mit Tränen in den Augen. Gemeinsam mit ihrer Mutter hatte sie es vor einem Jahr gerade noch rechtzeitig auf einen Hügel geschafft. Von dort sah sie, wie ihr Zuhause von der riesigen Welle einfach fortgespült wurde. Das Schicksal ihres Vaters blieb lange ungewiss, bis nach zwei Monaten seine Leiche gefunden wurde.

Auch die 37-jährige Mika Hashikai, deren Eltern bei dem Tsunami beide ums Leben kamen, schaute sich zum Jahrestag am Sonntag noch einmal am Ort des Geschehens um. Auch an den Überresten der Häuser von Freunden und Nachbarn legte sie Blumen nieder. Ihr Bruder habe damals auch seine Frau und seine Tochter verloren, sagte sie.

In einem Park in der Innenstadt von Tokio hielten auch Demonstranten einen Moment inne, bevor sie vor den Sitz des Kraftwerksbetreibers Tepco zogen. Die Regierung hat Fukushima-Daiichi für stabil erklärt, allerdings könnte der komplette Rückbau 40 Jahre dauern.

+++ Der Tag, der alles veränderte +++

Das Erdbeben löste vor einem Jahr einen gewaltigen Tsunami aus, der mit 20 Meter hohen Wellen Teile der Nordostküste des Landes verwüstete. Zehntausende Häuser wurden zerstört. Rund 325.000 Menschen leben noch immer in Notunterkünften. Der Tsunami ließ auch die Kühlsysteme im Atomkraftwerk Fukushima ausfallen. Es kam zu Kernschmelzen in drei Reaktoren, Radioaktivität trat aus. Ein Gebiet im Umkreis von 20 Kilometern um die Anlage ist noch immer Sperrgebiet.

(dapd)