Hilary Swank kommt mit ihrem Film über die Fliegerlegende Amelia Earhart in die Kinos. Ein Gespräch über Armut und die Wucht des Erfolges.

Los Angeles. Hilary Swank, 35, genießt ihren Erfolg. Sie lebt in einem großen Haus in Los Angeles, auf dem Kaminsims stehen zwei Oscars, ihr Bankkonto und die Auftragsbücher sind gefüllt. "Das war nicht immer so", erzählt die Amerikanerin dem Hamburger Abendblatt. Heute kommt ihr neuer Film "Amelia Earhart - Der letzte Flug" in die deutschen Kinos.

Ihr charmantes Lächeln verschwindet, wenn sie gedanklich in der Vergangenheit kramt. Wenn sie sich an die Tage erinnert, als sie mit der Mutter im Auto und von staatlich zugestellten Essenmarken leben musste. "Ich weiß, was echte Armut ist." Umso mehr, so sagt sie, genießt sie den Erfolg. "Es ist schon erstaunlich, wie viel Glück ich im Leben hatte." Eine Frau, die schon mit neun Jahren wusste, dass die Schauspielerei ihre Berufung ist. Ob sie jemals daran geglaubt hätte, dass einer wie Clint Eastwood, 80, sie entdecken würde, beantwortet sie burschikos: "Ach, natürlich habe ich damit niemals gerechnet."

Hilary Swank ist trotz des Images eines Superstars auch heute noch fest auf dem Boden der Realität verankert. Fast schüchtern redet sie von Hollywood, als sei sie selbst nicht ein wichtiger Bestandteil, sondern nur ein Fan.

In ihrem neuen Werk verkörpert sie die Fliegerlegende Amelia Earhart. Diese Frau gilt in Amerika als Vorreiterin der Emanzipation. Am 2. Juli 1937 ist Earhart kurz vor ihrem 40. Geburtstag bei dem Versuch, den Äquator zu umrunden, im Pazifischen Ozean verschollen. "Wir haben vieles gemeinsam", sagt Swank. Earhart, jene waghalsige Pilotin, die als Erste den Atlantik überquerte, sei ein "sehr privater Mensch" gewesen. "Das bin ich auch. Ich glaube, dass wir uns alle irgendwann im Leben mal wie Outsider fühlen. Und wenn du dann älter wirst, dann merkst du, dass andere das auch empfinden. Und plötzlich bist du nicht mehr so allein."

Hilary Swank wuchs in Bellingham im US-Bundesstaat Washington auf. Ein quirliges und sehr sportliches Mädchen, das in der Gymnastik und im Schwimmsport schnell zu ersten Erfolgen kam. "Noch heute bin ich ein sehr aktiver Mensch, ich kann nicht lange still sitzen", gibt sie zu.

1990 entschloss sich Hilarys Mutter Judy, mitsamt ihren zwei Töchtern von Nebraska nach Hollywood zu fahren. Der Start in die neue Welt des Glamours war schwerer als zunächst angenommen. "Meine Mutter hat mir das schönste Geschenk gemacht, das man sich als Tochter wünschen kann. Sie hat niemals den Glauben an mich verloren. Nur diese Stärke hat mich durch die schwere Anfangszeit, in der keine Jobs reinkamen, gebracht." Der Erfolg kam. Langsam erst, aber dann mit voller Wucht. Auftritten in "Buffy" folgte eine Rolle in der Hitserie "Beverly Hills 90210". Für 75 Dollar am Tag kam schließlich der erste große Durchbruch in "Boys don't Cry". Swank wurde über Nacht ein Superstar und gewann ihren ersten Oscar für die Rolle der transsexuellen Brandon Teena. Seitdem, das gibt sie mit einem Augenzwinkern zu, arbeitet sie auch nicht mehr für einen Tageslohn von 75 Dollar.

Was begeistert Hilary Swank an Hollywood? Sie reibt sich die Hände, bevor sie diese Frage beantwortet. "Ich habe eine Karriere, hinter der sich 100 andere Karrieren verstecken. Ich habe die Möglichkeit, das Fliegen zu lernen." Im nächsten Moment könne sie unterrichten oder boxen. "Ich bin mir darüber im Klaren, dass das sehr außergewöhnliche Umstände sind."