Der Gewalt der Schneemassen können Wintersportler kaum entkommen. Aber die Rettungschancen steigen - vor allem mit einem Airbag im Rucksack.

Hamburg. Wintersportler müssen in Teilen der Alpen auch "zwischen den Jahren" mit Lawinengefahr rechnen. Das gilt vor allem für die Hochlagen. Aktuelle Warnung für ein alljährliches Problem. Die Lawinen nehmen zu. Trotzdem gibt es immer weniger Tote. Grund ist die moderne Technik, die Skifahrer retten kann. Der Clou: ein Airbag im Rucksack.

Das Schweizer Institut für Schnee- und Lawinenforschung (SLF) hat 1619 Lawinen untersucht, die zwischen 1977 und 2006 in den Schweizer Alpen abgingen. Dabei wurden 3434 Personen erfasst, von denen 703 ums Leben kamen. Die Forscher stellten fest, dass sich die Zahl der Todesopfer in den vergangenen 15 Jahren deutlich verringert hat, obwohl insgesamt mehr Menschen von Lawinen verschüttet wurden: Während Ende der 70er-Jahre sechs von zehn Verschütteten starben, sind es heute nur noch vier von zehn.

Die sinkende Zahl von Todesopfern führt Christine Pielmeier, Lawinenprognostikerin am SLF in Davos, auf effizientere Rettungen, erhöhtes Risikobewusstsein und bessere Ausrüstung der Wintersportler zurück. "Die Überlebenschance kann innerhalb der ersten 15 Minuten bis zu 80 Prozent betragen", sagt Pielmeier. "Deshalb ist es wichtig, dass Free-Rider und Tourengänger eine komplette Notfallausrüstung dabeihaben." Denn nicht nur der schnelle Einsatz der Bergungskräfte, sondern auch die sogenannte Kameradenrettung, also die Soforthilfe für verschüttete Partner, hätte in den vergangenen 30 Jahren zu einem signifikanten Rückgang der Lawinentoten geführt, so Pielmeier.

Zur Notfallausrüstung gehören ein Lawinenverschüttetensuchgerät (LVS), eine Schaufel und eine Lawinensonde. Das SLF hat verschiedene Rettungssysteme analysiert. Die wichtigste Erkenntnis: Ohne technische Hilfsmittel stehen die Überlebenschancen für Verschüttete schlecht. Wer ganz unter den Schneemassen begraben wird, dem droht ein rascher Erstickungstod. Alpenvereine und Lawinenwarndienste empfehlen Lawinenopfern deshalb, sich durch Schwimmbewegungen so lange wie möglich an der Oberfläche zu halten und anschließend mit den Händen einen möglichst großen Hohlraum zum Atmen vor Nase und Mund zu schaffen. So kann man länger als eine Stunde in einer Lawine überleben.

Für noch mehr Sicherheit sorgen sogenannte Lawinen-Airbags. Sie lassen sich durch Ziehen einer Reißleine in wenigen Sekunden aufblasen und halten den Wintersportler an der Oberfläche der Lawine. Von 120 Skifahrern und Snowboardern, die zwischen 1996 und 2006 in den Alpen verschüttet wurden und einen solchen Airbag benutzten, überlebten 114, analysierte das SLF. Da die Airbags noch vergleichsweise teuer und schwer zu tragen sind, haben sie sich trotz der Wirksamkeit bisher nicht so recht durchsetzen können. Damit es gar nicht erst zum Notfall kommt, sollten Skifahrer und Snowboarder sich auf Touren abseits der Piste gut vorbereiten und das Lawinenbulletin beachten. Bei hoher Lawinengefahr gilt: Lieber auf der Piste bleiben! Und derzeit ist die Gefahr hoch. Mehrere Lawinenwarndienste schätzten das Risiko gestern mit der Stufe drei und damit als "erheblich" ein. Insgesamt gibt es fünf Warnstufen. Am Wochenende waren in Österreich und Norditalien insgesamt neun Menschen ums Leben gekommen.