Warum viele vor Weihnachten im Geschenke-Stress sind und warum unsere Geschenke durchaus nicht selbstlos sind.

Münster. Das ganze Jahr war Zeit - trotzdem werden auch in diesem Jahr am 24. Dezember Kaufhäuser und Fußgängerzonen brechend voll sein. Warum viele Menschen vor Weihnachten im Geschenke-Stress sind und warum unsere Geschenke durchaus nicht selbstlos sind, erklärt der Historiker Prof. Gerd Althoff von der Universität Münster.

Warum kaufen so viele Menschen ihre Geschenke auf den letzten Drücker?

Prof. Gerd Althoff: Allgemein gilt: Wenn ich ein Geschenk mache, drücke ich damit symbolisch aus, welches Verhältnis ich zu dem Beschenkten habe: Wie wichtig ist er mir, wie nah steh ich ihm, welche Bedeutung hat er für mich. Geschenke transportieren häufig wichtige Botschaften. Da das Richtige zu finden, ist nicht einfach, deswegen suchen viele bis zum Schluss.

Schenken wir heute aus reiner Selbstlosigkeit?

Althoff: Manchmal kann das durchaus so sein. Aber schon die Römer wussten: „do ut des“ - „ich gebe, damit du gibst“. Diese Vorstellung existiert in allen Zeiten und Kulturen. Jede Gabe fordert Gegengaben. Das tut sie aber nicht explizit, denn das wäre völlig ungehörig. Gerade in vormodernen Gesellschaften konnte man sich mit Geschenken verbindliche Gegenleistungen erkaufen, zum Beispiel Frieden, Unterstützung oder Huld sichern. Wir sagen ja noch immer: Kleine Geschenke erhalten die Freundschaft. Auch heute noch wird mit Geschenken die Existenz von sozialen, aber auch geschäftlichen oder politischen Beziehungen unterstrichen.

Schenken wir heute anders als früher?

Althoff: Früher stellten Geschenke durchaus den eigenen Reichtum zur Schau. Man hat üppig geschenkt. Zudem lag es schon immer in der Natur des Menschen, etwas besitzen zu wollen, das selten ist. Könige hatten ganze Zoos, weil sie immer wieder seltene Tiere geschenkt bekamen. Es gab früher striktere Regeln als heute, gegen die zu verstoßen nicht ratsam war. Geschenke hatten etwa den Rang des Beschenkten zu beachten. Der Ranghöhere hatte üppiger zu schenken, als er selbst beschenkt wurde. Damit zeigte er seine überlegenen Möglichkeiten und seine Großzügigkeit. Ganz verschwunden ist das heute nicht.