Nutzer sozialer Netzwerke sind oft ehrlich: Auf erfundene Freunde oder gestellte Partyfotos stießen die Forscher viel seltener als gedacht.

Mainz. So stellt man sich ein typisches studiVZ-Profil vor: Auf dem Foto lacht „Linda Kuhnt“ herzlich, die Hobbys der 23-jährigen Studentin sind „Sonntagsbrunch, Partys und was sich so ergibt“, in ihren Fotoalben sind Bilder von Urlaubsreisen und Feiern, ihr Gästebuch ist voller Nachrichten von Freunden. „Linda Kuhnt“ gibt es in Wirklichkeit nicht, sie ist eine erfundene Figur auf dem Beispiel-Profil, mit der auf studiVZ.de den Nutzern gezeigt wird, wie man sich in dem Studentenforum einträgt. Die Frage, ob das, was die echten Nutzer dann in ihren Profilen über sich preisgeben, auch tatsächlich der Wahrheit entspricht, hat nun eine Gruppe von Psychologen der Universität Mainz gemeinsam mit Kollegen aus Münster und Austin (Texas) wissenschaftlich untersucht.

„In Umfragen sagen die meisten, dass sie glauben, dass sich die User von Internetforen stark selbst idealisieren“, sagt Mitja Back vom Institut für Psychologie der Universität Mainz. Doch bei ihrer Untersuchung echter Profile von studiVZ- und Facebook-Nutzern kamen die Psychologen zu einem für viele überraschenden Ergebnis: „Online-Profile vermitteln tatsächlich ein sehr genaues Bild der Profilinhaber“, sagt Back. Die Wissenschaftler untersuchten ein Jahr lang die Profile von 103 deutschen und 133 amerikanischen Schülern und Studenten zwischen 17 und 22 Jahren. Dabei ermittelten die Psychologen zuerst mit Hilfe von Fragebögen zuerst sowohl die Eigenschaften der Versuchspersonen als auch ihr idealisiertes Selbstbild. Dann ließen sie andere Probanden, die die Profilinhaber nicht kannten, deren Seiten ansehen und die Persönlichkeit der Besitzer einschätzen. Und dabei lagen sie sehr oft richtig.

Woran die Probanden ihre Urteile über andere genau festmachen, erforscht das Psychologenteam noch. Doch gibt es für sie schon einige Hinweise. Wer etwa viele Party-Fotos und Gästebuch-Einträge hat, wird als kontaktfreudig eingeschätzt - und das trifft auch meistens zu, sagt Psychologe Back: „Man kann nicht einfach hunderte neue Bekannte oder zahlreiche Fotoalben von Partys erfinden, um sich möglichst extrovertiert darzustellen. Diese sind entweder vorhanden, weil man extrovertiert ist, oder sie sind es nicht, weil man es nicht ist.“ Außerdem, so vermuten die Psychologen, hätten die meisten Profilinhaber auf privaten Kontaktforen wie studiVZ und Facebook wohl auch gar kein Interesse daran, sich zu verstellen, sondern wollten sich vielmehr so präsentieren, wie sie sind. Bei anderen Arten von Foren könne das aber auch „ganz anders aussehen“, sagt Back.

Deshalb planen die Psychologen nun auch eine ähnliche Untersuchung zum Jobnetzwerk Xing, über das die Nutzer mithilfe ihrer Online-Profile berufliche Kontakte zu knüpfen versuchen. Dass die Profile auf studiVZ und Facebook für gewöhnlich ein recht korrektes Bild der Nutzer abgeben, hat die Psychologen selbst eher nicht überrascht. „Schließlich haben amerikanische Forscher auch schon herausgefunden, dass ein Blick in das Büro oder Schlafzimmer für genaue Persönlichkeitsurteile ausreicht“, sagt Back. Bleibt die Frage, ob man im Internet wirklich so durchschaubar sein will. Mit der Datenschutz-Komponente des Themas beschäftigten sich die Psychologen in ihrer Studie zwar nicht. Back sagt aber: „Die Daten, die man in diesen Foren hinterlässt, sind nicht irrelevant.“ Und zwar für ganz andere Personen, wie etwa potenzielle Arbeitgeber.