Die Geburt ist ungewöhnlich, weil der Mutter nur zwei Eizellen eingepflanzt wurden. Beide haben sich geteilt.

München. Sie hatten sich so sehr ein Kind gewünscht! Egal, ob Junge oder Mädchen, Hauptsache ein Baby! Sie wollten es großziehen und ihm ihre ganze Liebe schenken. Doch jahrelang blieb Miriam und Bernd R. (beide 38) dieses Glück versagt. Dann kam plötzlich alles ganz anders. Statt nur eines Babys darf das sympathische Münchner Paar jetzt mit einem Schlag eine Großfamilie versorgen. "Denn am 14. Juni brachte meine Frau Miriam in der Uni-Frauenklinik gesunde Vierlinge zur Welt", sagt Betriebswirtschafts-Professor Bernd R. und strahlt. Inzwischen sind Marlene, Anna, Aaron und Jakob schon acht Wochen alt. "Die vier Wonneproppen gedeihen prächtig", freuen sich auch Klinikchef Professor Klaus Friese (59) und sein Stellvertreter Professor Franz Kainer (55), der die risikoreiche Schwangerschaft persönlich betreute und die schwierige Kaiserschnittgeburt selbst vornahm.

Doch bis es soweit war, hatten Miriam und Bernd R. mit unzähligen Höhen und Tiefen zu kämpfen. Phasen voller Glück über die Schwangerschaft wechselten sich mit tiefen Ängsten und großen Sorgen um die ungeborenen Babys ab. Sogar eine Entscheidung über Leben und Tod mussten die beiden treffen.

"Ein Arzt aus einer Münchner Spezialpraxis, der mich im Februar untersuchte, riet mir indirekt, mich von zweien meiner Kinder zu trennen, weil die Aussichten für die anderen beiden dann besser seien", erinnert sich Miriam, die bis zu ihrer Schwangerschaft als Juristin arbeitete. Noch heute muss sie weinen, wenn sie darüber spricht: "Das war ein richtiger Schock. Wir hatten zwei Tage Zeit, darüber nachzudenken. Doch weil ich innerlich fühlte, dass alle vier Kinder es schaffen würden, entschieden wir uns gegen die Reduktion, wie der Arzt diese Teil-Abtreibung nannte. Ich konnte die Kinder ja schon spüren. Ich hätte die Ultraschallbilder mein ganzes Leben lang vor Augen gehabt. Das kam für uns aber überhaupt nicht infrage."

Professor Kainer fand diese Entscheidung richtig und unterstützte die Eltern: "Wir kennen mehrere Fälle aus den USA, wo solche Schwangerschaften trotz aller Risiken mit der Geburt gesunder Vierlinge endeten." Bis zur 20. Schwangerschaftswoche ging dann auch alles gut. Alle vier Kinder entwickelten sich zeitgerecht", sagt Professor Kainer. Doch Anfang April entdeckte der Gynäkologe bei einer der vielen Ultraschall-Kontrollen eine schlimme Komplikation: "Zwischen den beiden Mädchen hatten sich Blutgefäße gebildet, durch die es zu einem ungleichen Blutaustausch kam. Anna erhielt zu viel Blut, Marlene zu wenig. Ohne Behandlung wären beide Babys gestorben." Eine Therapie ist hier äußerst kompliziert. Nur drei Spezialisten in Deutschland beherrschen sie überhaupt. Kainer schickte das Ehepaar zu seinem Kollegen Professor Kurt Hecher (53) in die Uniklinik Hamburg. Mit einem sensationellen Eingriff im Mutterleib konnten der Spezialist und sein Team die beiden Babys retten. "Mit einer Lasersonde verödete er die Verbindungs-Blutadern, sodass beide Kinder wieder gleich viel Blut erhielten", erklärt Kainer. Alle vier Kinder wurden zwar zu früh, aber gesund geboren.

Dass sie Vierlinge bekommen würden, erfuhren die werdenden Eltern einen Tag vor Silvester: "Bei einer Ultraschallkontrolle entdeckte mein Frauenarzt plötzlich Zwillinge", erinnert sich die Mutter. "Zum Jahreswechsel hatten wir also Zeit, uns auf ein Leben zu viert vorzubereiten." Eine Woche später rief der Frauenarzt bei der nächsten Untersuchung: "Ui, da ist ja noch einer!" Da hatte er bereits drei Embryos entdeckt. Und noch eine Woche später geriet er endgültig aus dem Häuschen: "Er rief: 'Ich glaub, ich spinne'", lacht Miriam R. "Da erfuhr ich, dass wir Vierlinge erwarten." Der Grund: Nach einer künstlichen Befruchtung im Reagenzglas ließ sich die Juristin zwei befruchtete Eizellen einpflanzen. In der Hoffnung, dass wenigstens aus einer ein Kind entstehen könnte. Doch es entwickelte sich nicht nur in beiden Eizellen neues Leben, sondern beide Zellen teilten sich jeweils noch einmal, sodass insgesamt vier Embryonen entstanden. "Dies ist eine wirklich extrem seltene Situation", sagt Kainer, der in seinen 30 Berufsjahren erst sechs Vierlingsgeburten erlebt hat.

Inzwischen genießen Bernd und Miriam R. ihr Glück hoch vier: "Seit unsere Frühchen auf der Welt sind, dürfen wir sie jeden Tag auf die Brust nehmen, sie streicheln und inzwischen auch das Fläschchen geben. Vorige Woche kamen sie aus dem Brutkasten und brauchen auch keine Atemhilfe mehr. Anna ist am weitesten. Sie durfte jetzt als Erste zu uns nach Hause." Dort hat Bernd R. das Dachgeschoss ausgebaut. Und er hat seinen BMW gegen einen VW-Bus getauscht.