Die Lebensmittelaffäre weitet sich aus. Offenbar gelangten auch in der Bundesrepublik giftige Produkte in größeren Mengen in den Handel.

Dublin/Frankfurt. Wie viel giftiges Schweinefleisch aus Irland liegt noch in den Regalen der deutschen Supermärkte und Einzelhändler? Die Suche nach den mit dem dioxinähnlichen PCB (Polychlorierte Biphenyle) verseuchten Produkten, die im Extremfall Immun- und Nervensystem schädigen können , wird immer komplizierter. Mehrere Bundesländer wie Rheinland-Pfalz und Hessen meldeten gestern den Fund verdächtiger Ware. Jochen Heimberg, Sprecher des Bundesamtes für Verbraucherschutz: "Möglicherweise ist das Fleisch über den Zwischenhandel sehr breit gestreut worden."

In Irland wurden unterdessen auch in Rindfleisch überhöhte PCB-Mengen gefunden. Bei drei von bislang elf untersuchten Rinderfarmen wurde Dioxin festgestellt, verkündete Landwirtschaftsminister Brendan Smith. Eine Rückrufaktion wie bei irischem Schweinefleisch lehnte er jedoch ab. Die Mengen seien so klein, dass das Gesundheitsrisiko "extrem niedrig" sei. Dennoch nahm Nordrhein-Westfalen gestern nach dem Schweinefleisch vorsorglich auch irisches Rindfleisch vom Markt. "Es handelt sich um einige Tausend Tonnen", sagte Umweltminister Eckhard Uhlenberg. Die Rinder haben das gleiche dioxinverseuchte Futter gefressen wie die Schweine. Rindfleisch ist das wichtigste landwirtschaftliche Exportgut Irlands und von der Menge dreimal so bedeutend wie das Schweinefleisch. Das Tierfutter war mit Industrieöl aus einer Brotmaschine verunreinigt worden - ob es ein Versehen oder ein Anschlag war, ermittelt die Polizei.

Die Bestandsaufnahme in der Bundesrepublik ergab bisher: Rund 580 Tonnen, die zunächst aus Irland an zwei Betriebe in Schleswig-Holstein geliefert worden waren, wurden an verschiedene Empfänger im In- und Ausland weitergeleitet, unter anderen an Belgien, Dänemark, Russland und Österreich. 300 weitere Tonnen wurden in Kühlhäusern in Schleswig-Holstein sichergestellt. Es ist aber weiter unklar, ob die durch schleswig-holsteinische Unternehmen gehandelten Schweinefleischmengen überhaupt mit Dioxin belastet waren.

In Niedersachsen wurden 1,5 Tonnen Schweinezunge aus Irland vor etwa fünf Wochen an einen Fleischverarbeiter geliefert. In Rheinland-Pfalz stellten die Behörden 1800 Tonnen Schweinefleisch sicher . Die rheinland-pfälzische Verbraucherschutzministerin Margit Conrad forderte die Fleischbranche auf, selbst aktiv zu werden und nicht auf die Kontrolleure zu warten: "Die betroffenen Produkte müssen aus den Regalen verschwinden."