Die Südtiroler gewannen den tagelangen Kampf ums Überleben. Karl Unterkircher bleibt am Berg zurück.

Islamabad. "Es geht uns gut, es geht uns gut." Die ersten Worte der Erleichterung nach der Rettung der beiden Bergsteiger Walter Nones (36) und Simon Kehrer (29) vom Nanga Parbat. "Gestern hat es noch eine kleine Lawine gegeben, aber heute sind wir gut runtergekommen", sagte Nones. Auf die Aufforderung des italienischen Rettungsleiters Agostino Da Polenza, "nun sofort daheim anzurufen", antwortete Nones mit der Frage: "Was, ich muss zu Hause anrufen?" Während das Rettungsteam mit einem Freudengeheul das Ende des Bergdramas feierte, ermahnte der Leiter scherzhaft den Geretteten: "Willst du damit vielleicht bis morgen warten?"

Dem Geplänkel war ein neuntägiges Drama an einem der höchsten Berge der Welt vorangegangen. Ein Hubschrauber der pakistanischen Streitkräfte barg die Südtiroler gestern schließlich von einem Lager in etwa 5700 Meter Höhe, wie ein Behördenmitarbeiter in Pakistan erklärte. Beiden gehe es gut; sie benötigten derzeit keine medizinische Hilfe.

Der Hubschrauber nahm zunächst Kehrer auf und brachte ihn zum Basislager auf 4400 Meter. 20 Minuten später wurde Nones in Sicherheit gebracht. Vom Basislager wurden sie in die Provinzstadt Gilgit geflogen, wo sie ein oder zwei Tage bleiben sollten. Danach war die Weiterreise in die pakistanische Hauptstadt Islamabad geplant. Das italienische Außenministerium dankte der pakistanischen Regierung für die Unterstützung bei der Rettung.

Die Expedition unter Führung des 37 Jahre alten Karl Unterkircher hatte versucht, den mit 8125 Metern neunthöchsten Berg der Erde auf einer neuen und schwierigen Route zu besteigen. Unterkircher war am Mittwoch vergangener Woche in eine Gletscherspalte gestürzt und dabei tödlich verunglückt. Kehrer und Nones gelang es trotz stundenlanger Bemühungen nicht, ihren Bergkameraden aus der Spalte zu bergen. Sie mussten ihren Kameraden hilflos im Schnee zurückzulassen und weiter aufsteigen. Unterkirchers Ehefrau Silke nimmt Nones und Kehrer in Schutz. Dem TV-Sender Sky sagt sie: "Sie haben sicher alles getan, um ihn zu retten."

Die Überlebenden kämpften sich auf der Suche nach einer sichereren Abstiegsroute zunächst auf 7000 Meter hoch. Gleichzeitig lief in Pakistan und in Italien die Rettungsoperation an. Doch immer wieder machte schlechte Sicht Flüge unmöglich. Die beiden Bergsteiger mussten ausharren. Ein Zelt schützte sie vor Schneetreiben. Bei Kräften hielten sie sich unter anderem mit Schokolade und Schmelzwasser. Gestern wagten sie auf Skiern den Abstieg. Schließlich konnte sie der Helikopter aufnehmen.

Auch Silke Unterkircher ist erleichtert. "Ich bin so froh, dass sie sich nun in Sicherheit befinden", sagt sie laut "Repubblica Online". "Ich warte auf einen Anruf der beiden, um zu erfahren, wie mein Ehemann gestorben ist." Die Mutter der drei gemeinsamen Kinder schreibt auf der Internetseite ihres Mannes: "Karl lebte ein etwas anderes Leben." Gerade deswegen habe sie ihn geliebt, "wegen seines Mutes, die eigenen Träume zu leben, wegen seiner Willensstärke und wegen der Ruhe, die er ausstrahlte".

Nones Ehefrau Manuela sagte der Zeitung "Welt", sie habe immer darauf vertraut, dass ihr Mann "wieder heil nach unten kommt". "Ich glaube, er hätte lieber darauf verzichtet, mit dem Hubschrauber runtergeflogen zu werden, und wäre lieber mit dem Ski abgefahren."

* Ein niederländischer Vater und seine drei Söhne (14 bis 18) sind gestern beim Abstieg im Montblanc-Massiv in den Tod gestürzt. Die Mutter (50), die Fünfte in der Seilschaft, überlebte als Einzige. Sie wurde ins Krankenhaus nach Aosta gebracht. Die Bergsteiger-Familie war auf dem Abstieg von dem 3800 Meter hohen Mont Dolent, als sich der Unfall aus noch unklarer Ursache ereignete.