Ein Erdbeben der Stärke 4,4 auf der Richterskala hat gestern das Dorf Santa Venerina bei Catania, am Fuße des seit Sonntag wieder aktiven Vulkans Ätna auf Sizilien, zerstört. Mehr als 1000 Menschen wurden obdachlos. In Catania wird für sie eine Zeltstadt aufgebaut. Italiens Ministerpräsident Silvio Berlusconi berief wegen der Lage am Ätna eine Krisensitzung des Ministerrats ein.

Wie schlimm es noch kommen kann, weiß derzeit niemand. Bisher öffneten sich 20 neue Krater. Die Lava wälzt sich langsam, aber unaufhaltsam zu Tal. Mehr als 120 000 Liter Meerwasser haben Löschflugzeuge bereits abgeworfen, doch konnten sie den Lavastrom nicht genügend abkühlen. Droht auch Catania erneut, was der Stadt schon einmal im 17. Jahrhundert widerfuhr - die vollständige Zerstörung? Heute leben dort 350 000 Menschen. Mimmo Calabro, ein Familienvater aus Catania, hat Angst. "Dieser ständige schwarze Staub macht das Atmen zur Qual. Die Asche auf der Straße verlängert die Bremswege um das Doppelte, es gibt ständig Unfälle. Wenn ich zu der Rauchwolke am Ätna hochschaue, habe ich diesmal wirklich Panik, dass die Lava uns erreicht", sagt er.

Auch Linguaglossa (5600 Einwohner) ist in Gefahr. In 27 Stunden wälzte sich die Lava sieben Kilometer zu Tal auf die Stadt zu. Jetzt fehlen nur noch zehn Kilometer, dann hat die Lava die Stadt erreicht. Die Menschen flüchten bereits. Sie stapeln ihre Habe in Autos, schrauben die Türen ab, bauen die Holzfenster aus und versuchen alles, was sich vor dem Lavastrom retten lässt, in Sicherheit zu bringen.

Salvatore Cocina, der den Evakuierungsplan entwirft, ist in großer Sorge, weil die Menschen planlos fliehen. Möbelwagen mit Hab und Gut versperren Zufahrten. Manche Bürger versuchen ihre Häuser mit Sandsäcken zu sichern.

"Ein altes Ehepaar hat Wassereimer vor seinem Haus aufgebaut, um die Lava abzukühlen, wenn sie denn kommt. Die Leute sind so naiv", sagt der Sprecher des Katastrophenschutzes.

Der Bischof von Acireale, Monsignor Salvatore Gristina, will in Kürze nach Linguaglossa fahren, aus einer Kapelle der Stadt den silbernen Stab des heiligen Aegidius holen und versuchen, mit Stab und Gebeten die Lava zu stoppen.

Im Jahr 1923 gelang ein solches Wunder schon einmal, berichtet die Kirchenchronik. Der Katastrophenschutz ist einverstanden: Jedes Mittel ist recht, um eine Panik an den Hängen des Ätna zu vermeiden.

Damals erkaltete das Magma zwei Kilometer vor der Stadt . . .