Lale Andersen wäre morgen 100 Jahre alt geworden. Sie sang das berühmteste deutsche Lied.

München. Der Ruhm von Schlagerstars ist nichts für die Ewigkeit - normalerweise. Eine Ausnahme von dieser Regel ist Liese-Lotte Helene Berta Bunnenberg, Tochter eines Schiffsstewards aus Bremerhaven, besser bekannt unter dem Namen Lale Andersen. Geboren wurde sie am 23. März, in welchem Jahr ist allerdings nicht ganz klar. Einige Quellen sagen 1910, andere 1908, die weitaus meisten 1905. Also feiern wir, unter leichtem Vorbehalt, morgen ihren 100. Geburtstag und erinnern uns an ihr Lied, das berühmteste deutsche Lied aller Zeiten.

Dieses Lied brachte in schweren Zeiten ein wenig Menschlichkeit an alle Fronten - Lili Marleen. Warum das so war, kann niemand so recht nachvollziehen, auch Lale Andersen nicht. Als sie danach gefragt wurde, antwortete sie: "Kann der Wind erklären, warum er zum Sturm wird?"

In der Tat. Denn von der Platte "Lili Marleen" verkaufte die Firma Electrola, als sie sie 1939 in den Handel brachte, nur 700 Stück. Es war, wie man heute sagen würde, ein "Flop". Und das kleine Werk des Dichters Hans Leip wäre sicher längst vergessen, Komponist Norbert Schultze wäre nicht steinreich und Lale Andersen nicht weltberühmt geworden, wenn nicht 1941 in Belgrad ein deutscher Soldatensender eingerichtet worden wäre und wenn nicht der Leiter des Senders zufällig auch "Lili Marleen" gespielt hätte. Welterfolge sind häufig mit "wenns" behaftet.

Am 18. August 1941 ging das Lied erstmals über den Sender. Die Reaktion war so überwältigend, daß es künftig jeden Abend um 21.55 Uhr zum Ende des Sendebetriebs gespielt wurde. Und schnell spielten auch andere Sender das kleine Lied.

Im wirklichen Leben war Lili Marleen nicht nur eine Frau, sondern zwei. Marleen war die blonde Tochter eines Arztes aus Rostock und Lili hieß eigentlich Betty und war die hübsche Tochter eines Gemüsehändlers. Und Hans Leip, der junge Gardefüsilier war einsam. Der Erste Weltkrieg hatte gerade vor ein paar Monaten begonnen. Hans Leip (damals 21) weit weg von seiner Heimatstadt Hamburg. Er hockte in der Wachstube und dachte an die Frauen. Marleen hatte er im Museum kennengelernt. Und er dachte an Betty, die er Lili nannte, weil sie in dem Hinterhof ihre Hühner immer zärtlich lockte und ihn dies an Goethe und Lilis Park erinnerte. Hans Leip begann zu dichten . . .

Bis zu seinem Tod im Alter von fast 90 Jahren, am 6. Juni 1983, hat er nicht verstanden, wieso man auf die Idee hat kommen können, daß Lili Marleen ein Freudenmädchen war. "Es ist doch nur ein einfaches Liebeslied vom traurigen Abschied des Frontsoldaten", so Leip. Aber das Mädchen, steht unter einer Laterne, auch wenn sie nicht rot ist. Vielleicht liegt hier eines der Geheimnisse, warum "Lili Marleen" so berühmt wurde. Es läßt Raum für Träume.

Lale Andersen wurde von dem Erfolg des Liedes völlig überrascht. Die Sängerin, die bis dahin unbeachtet als Truppenbetreuerin Soldaten ein wenig Zerstreuung gebracht hatte, war plötzlich heißbegehrt. Sie rückte als Kritikerin der Nazis aber auch in den Blickpunkt der Gestapo. 1944 gelang ihr die Flucht auf ihre geliebte Insel Langeoog, auf der sie nach ihrem plötzlichen Herztod am 29. August 1972 auch begraben liegt.