Sex-Prozeß: Zum ersten Mal sitzt das angebliche Opfer dem angeklagten Popstar im Gericht gegenüber: “Er war der beste Freund, den ich je hatte.“

Santa Maria. "Showdown" im Gericht von Santa Maria. Zum ersten Mal seit den Mißbrauchsvorwürfen gegen Michael Jackson (46) saßen sich der Popstar und sein angebliches Opfer Gavin Arvizo (heute 15) gegenüber.

Aus dem einst krebskranken Kind, das eine Niere verloren hatte, ist in den vergangenen zwei Jahren ein kräftiger Teenager geworden. Staatsanwalt Tom Sneddon zeigte mit dem Finger auf Jackson und fragte Gavin: "Erkennst du diesen Mann?" Die Blicke von Michael Jackson und Gavin Arvizo trafen sich - beide sahen sich nur ein einziges Mal in die Augen. Der Sänger blieb regungslos. Gavin verzog das Gesicht, sagte kurz: "Ja." Und fügt hinzu: "Ich habe ihn mal für den coolsten Typen der Welt gehalten."

Schon an seinem ersten Tag auf der Neverland Ranch habe einer von Jacksons Angestellten ihm und seinem Bruder Star (heute 14) Pornowebseiten gezeigt. Gavin: "Einmal war da dieses Mädchen, und ihr Hemd war hochgezogen, und alles war still. Und dann sagte Michael: ,Hast du Milch?' Wir lachten." Der Junge, der am ersten Tag im Zeugenstand noch nicht zu den eigentlichen sexuellen Belästigungen befragt wurde, erzählte, wie der Popstar ihn 20mal im Krankenhaus angerufen hatte, während er gegen den Krebs kämpfte. Später habe Jackson ihm dann den britischen Journalisten Martin Bashir vorgestellt. Gavin: "Er fragte mich: ,Hey, du will doch ein Schauspieler werden?' Ich sagte: ,Klar.' Und er sagte: ,Ich werde dich in einen Film bringen, und du mußt zu einer Probe kommen. Du mußt ihnen erzählen, daß du mich Daddy nennst, Daddy Michael.'"

Staatsanwalt Sneddon fragte den Jungen, was genau Jackson von ihm wollte. "Ich sollte sagen, daß er mir geholfen hat, den Krebs zu besiegen und daß er mich mehr oder weniger geheilt hat." Auf Sneddons Frage, ob dies der Wahrheit entsprochen habe, sagte der Junge: "Nicht wirklich. Er war ja kaum während meiner Krebsbehandlung da. Andere Prominente haben mich in der Zeit öfter besucht als er."

Der Staatsanwalt, der bereits 1993 vergebens versucht hatte, Jackson im Fall des kleinen Jordan Chandlers wegen Kindersex hinter Gitter zu bringen, bohrte nach: "Hast du Mr. Jackson bewundert?" Gavin: "Er war der beste Freund, den ich je hatte."

Prozeßbeobachter sind sich einig: Gavin ist charmant und selbstbewußt. Es ist ihm gelungen, Eindruck auf die Geschworenen zu machen. Als nächstes wird er jedoch von Jacksons gewieftem Verteidiger Thomas Mesereau ins Kreuzverhör genommen. Dann muß Gavin zeigen, wie überzeugend er wirklich ist.