Aber wem hilft die Diätmode eigentlich?

Hamburg. Diäten gehören zum Alltagswahn. Alle tuns: zwölfjährige Elfen, gewichtige Manager, liebeskummrige Singles, depressive Ehefrauen, sportferne Couch-Kartoffeln. Nimmt gar jemand wie Grünen-Chef Reinhard Bütikofer mal ab (20 Kilo weggefastet), ist das fast schon ein Politikum.

Menschheitsgeschichtlich, um das mal gerade zu rücken, ist das Dreicksverhältnis dick - dünn - Diät ein relativ junges Luxus-Problem. Millionen Jahre war, wer immer auf zwei Beinen laufen konnte, froh, genug zwischen die Zähne und auf die Rippen zu kriegen. Wer überhaupt dick werden konnte, war glücklich dran - so wie die dicken englischen Klosterbrüder, die nach neuen Forschungen selbst beim Fasten noch 4500 Kalorien in der Schüssel hatten.

Erst als Nahrung - auf Teilen unseres Globus - ohne Not, später reichlich und schließlich im Überfluss vorhanden war, wurde das Glück zum Problemfall. Unsere Gene, immer noch auf Jagen und Sammeln programmiert, basteln aus Völlerei und Bewegungsarmut Übergewicht. Das Elend der einen nutzt anderen.

Es nährt ganze Branchen: Food-Designer erfinden, angetrieben von industriefinanzierter Ernährungsforschung alle paar Jahre neue Lebensmittel-Trends: fettfrei, cholesterinfrei, probiotisch, kohlehydratreduziert. Die beim Abnehmen - wenigstens im Portemonnaie - helfen. Auch Frauenzeitschriften mit ihren Mode-Diäten, Fitness-Studios oder die Agenturen verhungert daherstaksender Models sind auf der Gewinnerseite.

Dabei sind die Dickmacher längst steckbrieflich bekannt: zu viel Alkohol, zu viel Zucker, zu viel Fett, zu viele Kohlehydrate, zu wenig Bewegung. Ein weiterer rückt langsam ins Bewusstsein: der allgegenwärtige Psychostress, abnehmen zu sollen.

Wie aber nimmt man ab? Ganz einfach: Der Körper vergisst nie, wie viel Nahrung er wirklich braucht - es ist überraschend wenig. Er meldet "satt", wenn man ihn nicht permanent mit Nahrung zumüllt. Er meldet sich leise, aber jeder kann lernen, auf ihn zu hören. Und manchmal sagt er tatsächlich auch mal wieder: "Schokolade . . ." S. 28