Die Flaggen sind auf Halbmast gesetzt, mehr als 200 Särge aufgebahrt und über 10 000 Trauernde sind zusammen gekommen. Am Karfreitag gedenkt Italien der Opfer der Erdbebenkatastrophe. Das Beben mit der Stärke von 6,2 erschütterte das Gebiet rund um die Stadt L'Aquila so schwerwiegend, dass hunderte von Menschen lebendig unter den Trümmern begraben worden sind. Bilder zur Katastrophe in Italien. Bilder von der Totenmesse in L'Aquila.

L'Aquila. Italien hat Abschied von den fast 300 Toten der Erdbebenkatastrophe genommen. Die Flaggen in Italien wurden auf Halbmast gesetzt. Am Karfreitag versammelten sich tausende Menschen aus der Stadt L’Aquila, anderen betroffenen Ortschaften und der gesamten Region um gemeinsam der Opfer zu gedenken. Der Gottesdienst fand im Freien, auf dem Platz vor einer Polizeischule in der Hauptstadt statt, da alle Kirchen komplett zerstört oder zumindest beschädigt sind.

Mehr als 200 Holzsärge wurden in vier Reihen aufgestellt und mit Blumen geschmückt. Die weißen Särge von fünf getöteten Kindern wurden auf den Särgen ihrer Mütter aufgebahrt. Ministerpräsident Berlusconi sprach von einem "Augenblick großer Emotionen".

Die Zeremonie wurde im ganzen Land im Fernsehen übertragen. Sogar auf Flughäfen wurden Schweigeminuten für die Opfer eingelegt. Der vatikanische Staatssekretär Kardinal Tarcisio Bertone las die Totenmesse. Er versuchte, den Betroffenen Zuversicht zu vermitteln. Er betonte, dass "unter den Trümmern bereits die Lust auf einen Neuanfang und Wiederaufbau" zu spüren sei. Weil unter den Toten auch wenige Muslime sind, wandte sich ein Imam mit einigen Worten an die Trauergemeinde.

Da Karfreitag in der katholischen Kirche der einzige Tag im Jahr ist, an dem keine Messen stattfinden sollen, erteilte der Vatikan für die Gedenkfeier eine Sondergenehmigung. Papst Benedikt XVI. rief die Bevölkerung in einem Grußwort dazu auf, in der Stunde der Not zusammen zu stehen. Er wünschte den Angehörigen und Freunden der Verstorbenen sowie den übrigen Überlebenden "Mut weiter zu hoffen, ohne der Verzweiflung nachzugeben." Seine Worte wurden von seinem Privatsekretär Georg Gänswein verlesen.

Nach Ostern will er selbst in das Krisengebiet fahren und sich einen Überblick von der Lage verschaffen.

Doch auch fünf Tage nach der furchtbaren Katastrophe können die Menschen noch keine Ruhe finden. Hunderte Nachbeben erschweren die Suche nach weiteren Opfern und die Aufräumarbeiten. Selbst am Freitagmorgen waren die Nachbeben noch zu spüren. Des Weiteren werden noch immer bis zu 30 Menschen vermisst. Es besteht wenig Hoffnung, unter den Trümmermassen noch Überlebende zu finden. Trotzdem soll die Suchaktion noch bis Ostersonntag fortgesetzt werden.

Das Beben mit einer Stärke von 6,2 hat in der Nacht zum Montag fast 300 Menschen in den Tod gerissen. Mindestens 1170 Menschen wurden verletzt und über 17 000 Menschen sind obdachlos.

Ministerpräsident Berlusconi kündigte an, einige der Obdachlosen bei sich aufnehmen zu wollen. "Schon viele Menschen haben ihre Häuser angeboten, um denen zu helfen, die durch das Erdbeben obdachlos geworden sind." Auch er möchte tun, was er kann. Welche seiner zahlreichen Immobilien er zur Verfügung stellen möchte ist aber noch nicht bekannt. Erst vor wenigen Tagen hatte der Milliardär die Bevölkerung dazu aufgerufen, die provisorischen Notlager wie ein Camping-Urlaub anzusehen.

Auch Außenminister Frank-Walter Steinmeier bot Italien an, beim Wiederaufbau der zerstörten Ortschaft Onna zu helfen und in den betroffenen Regionen Katastrophenhilfe zu leisten.