Entsetzen in der Berliner Charité: Eine teilweise verweste Leiche wurde auf einer Besuchertoilette des Virchow-Klinikums in Europas größtem Universitätsklinikum gefunden. Bei dem Toten handelt es sich um einen 29-jährigen vermutlich Drogenabhängigen, der Tage zuvor eine Behandlung verweigert hatte. Ein Verbrechen wird momentan ausgeschlossen.

Die Leiche des Mannes aus Dresden wurde bereits am Mittwochvormittag in einer Behindertentoilette entdeckt, teilten Polizei und Charite-Sprecherin Kerstin Endele mit. Am Abend des 6. März sei der 29-Jährige auf dem Klinikgelände in Wedding entdeckt und in die Notaufnahme gebracht worden. Weil er ein Spritzbesteck dabei hatte, handelt es sich vermutlich um einen Drogenabhängigen. Das Spritzbesteck wurde ihm laut Endele abgenommen und entsorgt. Der Mann sei ansprechbar und vom Kreislauf stabil gewesen.

In der Notaufnahme habe der Dresdner eine Behandlung abgelehnt. Schon gegen den Transport dorthin habe er sich gewehrt. Nach zehn Minuten sei er auf eigenen Wunsch aus der Notaufnahme geflüchtet, so Charite-Sprecherin Endele. Seine Gesundheit sei nicht gefährdet gewesen, weshalb man keine Suche nach dem Mann eingeleitet habe: "Da eine akute Vitalgefährdung zu diesem Zeitpunkt sicher auszuschließen und die Geschäftsfähigkeit ausreichend gegeben war, wurde keine polizeiliche Suche veranlasst." Nahezu fünf Tage später wurde seine Leiche in einer Behindertentoilette entdeckt. Ein strenger Geruch sei auf den Gang gedrungen. Der tote Körper war bereits teilweise verwest.

Was in den fast fünf Tagen nach der Flucht des Mannes aus der Notaufnahme und dem Fund seiner Leiche passiert ist, kann bisher nur spekuliert werden. Die Polizei schließt zum jetzigen Zeitpunkt ein Verbrechen aus. Eine Obduktion wurde von der Staatsanwaltschaft wurde noch nicht angeordnet, obwohl die Polizei sie dazu angeregt habe.

Warum die Leiche so spät gefunden wurde, kann sich die Sprecherin nicht erklären. Schließlich sollen die Toiletten von Mitarbeitern des Unternehmens CFM täglich gereinigt werden, so Endele. Jetzt wird spekuliert, dass die Reinigungsleute die Toiletten nicht putzen, wenn diese abgeschlossen sind. In der Charite-Klinik Benjamin Franklin war 2006 ein 68 Jahre alter behinderter Rollstuhlfahrer in einem Fahrstuhl eingesperrt gewesen. 80 Stunden wurde der alte Mann von niemanden bemerkt.

Einen ähnlichen Fall gab es kurz vor Silvester vergangenen Jahres in Thüringen. Im Weimarer Sophien- und Hufelandklinikum wurde eine 20-jährige Frau gefunden. Wie die Leiche in der Berliner Charite lag auch sie bereits mehrere Tage unbemerkt in einer Toilette.