Nach 17 Jahren im Wachkoma blieb ihr Herz gestern schließlich stehen: Nach dem Tod der Koma-Patientin Eluana Englaro setzt sich der politische Streit über die Sterbehilfe in Italien fort. Bilder zum Artikel

Rom. Nach dem Tod der Koma-Patientin Eluana Englaro setzt sich der politische Streit über die Sterbehilfe in Italien fort. Die Rechtslage soll zügig geklärt werden. Gesundheitsminister Maurizio Sacconi erklärte, es gebe den Willen, sich rasch auf eine entsprechende Gesetzgebung zu einigen. Eluana war am Montagabend im norditalienischen Udine gestorben, nachdem Ärzte am Freitag ihre Versorgung eingestellt hatten. Der Tod der 38-Jährigen hat das Land gespalten.

Der Senat legte nach der Verkündung der Todesnachricht eine Schweigeminute ein. Er hatte noch am gleichen Tag über einen Gesetzentwurf der Regierung beraten, mit dem die Fortsetzung der lebenserhaltenden Maßnahmen erzwungen werden sollte. "Sie ist nicht gestorben. Sie wurde getötet", sagte der konservative Senator Gaetano Quagliariello. Die Politik habe alles versucht, sagte Quagliariello am Dienstag und kritisierte, die Befürworter der Sterbehilfe ignorierten den christlichen Charakter der Verfassung.

Der Vorsitzende der italienischen Bischofskonferenz, Kardinal Angelo Bagnasco, forderte eine gesetzliche Regelung der Sterbehilfe. "Ein gerechtes Gesetz ist für das Gemeinwohl der Gesellschaft und unserer Zivilisation nötig", sagte Bagnasco. Papst Benedikt XVI. hatte sich - ohne direkten Bezug auf Eluana - mehrfach gegen jede Form der Sterbehilfe ausgesprochen.

Die Nachrichtenagentur ANSA zitierte Eluanas Vater Beppino Englaro: "Ja, sie hat uns verlassen." Er wolle jetzt allein gelassen werden. Medien berichteten unter Berufung auf Unterlagen der Klinik, die 38-Jährige habe einen Herzstillstand erlitten. Der Wagen mit dem Sarg Eluanas verlies heute das Krankenhaus "La Quiete". Ihr Leichnam sollte in einem nahen öffentlichen Hospital obduziert werden.

Der Priester der Heimatgemeinde der Familie, Tarcisio Puntel aus Paluzza, erklärte sich bereit, die Beerdigung Eluanas auszurichten. Die Familie wollte sie jedoch offenbar einäschern lassen und nur eine Zeremonie im kleinsten Kreis abhalten.

Eluanas Zustand galt als irreversibel. Nach einem Urteil des Verfassungsgerichts zugunsten der Beendigung lebenserhaltender Maßnahmen hatte Eluanas Familie den Ärzten in der norditalienischen Stadt Udine erlaubt, die künstliche Ernährung zu reduzieren, um sie sterben zu lassen.

Dagegen wandten sich der Vatikan sowie die Regierung des konservativen Ministerpräsidentin Silvio Berlusconi, der noch am Freitag eine Notverordnung gegen die Sterbehilfe vorlegte. Präsident Giorgio Napolitano weigerte sich jedoch, das Dokument zu unterzeichnen, da es bereits ein anderslautendes Gerichtsurteil gab. Berlusconis Initiative wertete er als Verstoß gegen die Gewaltenteilung.

Gesundheitsminister Sacconi sagte jedoch kurz nach der Todesnachricht, er hoffe, dass der Senat einen Gesetzentwurf verabschieden werde, "damit dieses Opfer nicht ganz umsonst war". Für den Vatikan erklärte Kardinal Javier Lozano Barragan: "Möge der Herr sie willkommen heißen und jenen verzeihen, die sie bis zu diesem Punkt gebracht haben."

Ihrem Vater zufolge hatte Eluana kurz vor ihrem eigenen Unfall vor 17 Jahren einen im Koma liegenden Freund im Krankenhaus besucht und nachher betont, sie wolle niemals auf diese Art und Weise am Leben erhalten werden. Aktive Sterbehilfe ist in Italien verboten, Patienten haben jedoch das Recht, eine Behandlung zu verweigern. Es gibt aber keine Möglichkeit, vorab verbindliche Entscheidungen für den Fall von Bewusstlosigkeit zu treffen.