Angela Merkel hat sich am Sonnabend ein Bild von der Lage in den brandenburgischen Hochwassergebieten gemacht.

Frankfurt/Oder. Bundeskanzlerin Angela Merkel hat die Helfer im Kampf gegen das Oder-Hochwasser und die Deichsanierungen seit der verheerenden Flut 1997 gelobt. Die Bemühungen, Deiche und Infrastruktur in den vergangenen 13 Jahren zu verbessern, hätten sich „unglaublich“ ausgezahlt, sagte sie am Samstag in Frankfurt (Oder). Angesichts der Wassermassen betonte die CDU-Politikerin: „Die Gefahr ist noch nicht vorbei.“ Die Kanzlerin informierte sich gemeinsam mit Brandenburgs Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) und Frankfurts Oberbürgermeister Martin Wilke (parteilos) über die Lage an der Oder.

In Frankfurt wie auch für den südlichen Oderabschnitt galt vorerst weiter die höchste Alarmstufe 4, bei der Deiche überflutet werden können. Inzwischen hat das Hochwasser in Brandenburg seinen Höhepunkt erreicht, aber bisher zu keinen größeren Überschwemmungen oder Schäden geführt. Die Wasserstände im südlichen Brandenburg sind inzwischen stabil - bei leicht fallender Tendenz, während die Flutwelle am Samstag den Norden erreichte. Es war allerdings fraglich, ob für für diese Region überhaupt noch die Alarmstufe 4 ausgelöst wird. Bisher zeichne sich dies nicht ab, sagten übereinstimmend Sprecher der Kreise Märkisch-Oderland und Uckermark.

Erste Station von Merkels Besuch war das örtliche Amt für Brand-, Katastrophenschutz und Rettungswesen. Anschließend gingen die Regierungschefin und ihre Begleiter unter den Augen zahlreicher Schaulustiger zu einer Spundwand, die das Oder-Hochwasser aus der Stadt halten soll. Dort kletterte Merkel auf eine Leiter, um den vorbeiströmenden Fluss zu beobachten und einen Blick auf das am anderen Ufer liegende polnische Slubice zu werfen.

Die Situation sei gegenwärtig fast wieder so schlimm wie vor 13 Jahren, meinte die Kanzlerin. Mit Blick auf die Abwehrmaßnahmen sagte sie anerkennend, es gebe eine „sehr, sehr eingespielte organisatorische Struktur“. „Ich habe den Eindruck, dass mit Hochdruck gearbeitet wird.“ Merkel kündigte Hilfe an, sollte sie nötig sein. Besonders hob die Kanzlerin das gute Verhältnis zwischen Deutschen und Polen hervor, die gleichermaßen vom Hochwasser betroffen sind. „Hier gibt es ein ganz enges Miteinander.“

Sowohl Merkel als auch Platzeck warnten zum gegenwärtigen Zeitpunkt vor schwindender Aufmerksamkeit und Nachlässigkeit. „Wir sind erst durch, wenn das Wasser durch ist“, betonte Platzeck. Die Höhe des Schadens, den die Flut angerichtet habe, könne derzeit noch nicht beziffert werden. Sie werde aber nicht vergleichbar sein mit der von 1997. Der südlichste Pegel in Ratzdorf zeigte am Sonnabendnachmittag 6,17 Meter an, nachdem er schon bei 6,30 Meter gelegen hatte. In Frankfurt (Oder) ging das Wasser von vormals fast 6,00 auf 5,94 Meter zurück.

Die Lage an der Oder sei unter Kontrolle, sagte der Sprecher des Innenministeriums, Ingo Decker. Dies galt nach Angaben des örtlichen Krisenstabes auf polnischer Seite auch für Frankfurts Nachbarstadt Slubice. Nach wie vor sind laut Decker einige hundert Helfer im Einsatz, darunter allein 210 Beamte der Brandenburger Polizei.

Am Vormittag nahm eine polnische Delegation im brandenburgischen Katastrophenschutzlager in Beeskow (Oder-Spree) Hilfsgüter zur Abwehr des Hochwassers in Empfang. Innenminister Rainer Speer (SPD) übergab 600 000 Sandsäcke, zwei Boote und drei Notstromaggregate. Brandenburg stehe mit seinen Freunden aus der Partner-Woiwodschaft Lebuser Land „zusammen im Kampf gegen die Gefahren“, sagte Speer. „Das Hochwasser kennt keine Grenzen.“

An der Spitze der Delegation aus Polen stand der Marschall der Woiwodschaft, Marcin Jablonski. Die Woiwodschaft hatte am Freitag um materielle Unterstützung gebeten. In Beeskow lagern unter anderem mehr als drei Millionen Sandsäcke, Sandabfüll-Maschinen, Pumpen und Zelte. In Polen kamen nach amtlichen Angaben bisher 21 Menschen infolge des Hochwassers an den Flüssen ums Leben.