Der spektakuläre Kunstdiebstahl in Paris war offensichtlich keine große Kunst. Sogar das Sicherheitspersonal erhebt nun schwere Vorwürfe.

Paris. Nach dem spektakulären Einbruch in das Pariser Museum für moderne Kunst gerät die Leitung des Ausstellungshauses immer mehr unter Druck. Der Diebstahl der fünf Meisterwerke von Picasso, Matisse & Co. war offensichtlich ein Kinderspiel und sogar das Sicherheitspersonal erhebt nun schwere Vorwürfe gegen die Verantwortlichen. Im Museum herrschte eine echte Nachlässigkeit, sagte ein Wachmann der Tageszeitung „Le Parisien“. Unter den Mitarbeitern habe man sich häufig gesagt: „Irgendwann wird jemand einfach durch ein Fenster ins Museum kommen.“

Genau so gelang der Jahrhundert-Coup letztendlich. Nach dem jüngstem Stand der Ermittlungen stieg ein vermummter und schwarz gekleideter Mann in der Nacht zum Donnerstag durch ein Fenster in das Gebäude. Zielsicher schnitt er wenig später fünf der wertvollsten Werke des Museums aus ihren Rahmen. Überwachungskameras filmten ihn, die auf Bewegungen reagierende Alarmanlage war allerdings wegen eines Defekts seit etlichen Wochen außer Betrieb. Ersatzteile seien nicht geliefert worden, erklärt die Stadt.

Die Überwachung des riesigen Gebäudes erfolgte daraufhin nur noch über Rundgänge, heißt es vom Sicherheitspersonal. Die Monitore vor den einzelnen Räumen seien dabei so gut wie nutzlos gewesen. Wegen der Dunkelheit habe man auf ihnen nahezu nichts gesehen. Dem widerspricht allerdings die Stadtverwaltung: Es seien jede Nacht drei Wächter im Dienst, die die Überwachungsbilder direkt übertragen bekommen, ließ Bürgermeister Bertrand Delanoë mitteilen. Die Sicherheitstechnik sei erst vor wenigen Jahren an die Normen angepasst worden.

Kunstexperten rätseln unterdessen über die möglichen Motive des Täters. Nach Angaben von Szenekennern sind die auf rund 100 Millionen Euro geschätzten Meisterwerke von Malern wie Picasso und Matisse absolut unverkäuflich. Der Täter könne die fünf Bilder wegen ihrer Bekanntheit niemandem zeigen, sagte ein Auktionator. So gut wie ausgeschlossen sei auch, dass ein romantischer Kunstsammler hinter der Tat stecke. Ein Mitarbeiter des Kunstauktionshauses Christie's äußerte sich ähnlich: Dass Sammler Ganoven beauftragen, sei eine Legende, sagte Thomas Seydoux der Zeitung „Le Figaro“ (Freitag). „Wenn, ist es die Tat einer verrückten Einzelperson.“

Das wertvollste gestohlene Werk ist wahrscheinlich das vor rund 100 Jahren entstandene kubistische Bild „Le pigeon aux petits pois“ („Taube mit Erbsen“)des spanischen Malers Pablo Picasso (1881-1973). Es wird auf mehr als 20 Millionen Euro geschätzt. Zudem entwendete der Täter je ein Meisterwerk von Henri Matisse, Georges Braque, Amédéo Modigliani und Fernand Léger. Auch bei diesen Werken bewies der Täter Kennerschaft.

Die für die Aufklärung des Verbrechens zuständige Polizeibrigade äußerte sich am Freitag zunächst nicht zum Stand der Ermittlungen. Auch ob die Bilder versichert waren, wollten die Verantwortlichen von Stadt und Museum nicht sagen. „Diese Objekte sind nach unserem Kenntnisstand nicht versichert“, zitierte die „Frankfurter Rundschau“ am Freitag den Managing-Direktor des Kunstversicherers Axa Art, Stefan Horsthemke. Die Axa Art sei vom Museum angefragt worden, den Diebstahl mit aufzuklären, so Horsthemke.

Wenn die Bilder nicht versichert waren, könnte der Täter nicht einmal mit sogenannten „Artnapping“ Geld machen. Dabei werden die Werke dem Museum oder dem Versicherer zum Rückkauf angeboten. Die Diebe drohen, die Stücke andernfalls zu zerstören.