Pascal Behrenbruch hat alles richtig gemacht. Sechs Wochen vor den Olympischen Spielen erkämpfte sich der Zehnkämpfer Gold.

Helsinki. Im Ziel des 1500-Meter-Laufes stützte Pascal Behrenbruch erschöpft seine Hände auf die Knie. Dann huschte ein Lächeln über sein Gesicht, langsam hob er die Arme gen Himmel. Gold-Mission erfüllt: Behrenbruch hat sich erstmals zum "König der Athleten“ gekrönt und den deutschen Leichtathleten nach 41 Jahren wieder einen Zehnkampf-Europameistertitel beschert. Der 27 Jahre alte Frankfurter triumphierte am Donnerstag bei der Leichtathletik-EM in Helsinki mit der europäischen Saisonbestleistung von 8558 Punkten. "Da ist ein richtig geiles Ding rausgekommen“, sagte Behrenbruch mit einem glücklichen Lächeln.

Seine persönliche Bestleistung übertraf der Hesse im Olympiastadion von 1952 damit gleich um 119 Zähler. Bis dato letzter deutscher Europameister war 1971 der DDR-Athlet Joachim Kirst - ebenfalls im Olympiastadion von Helsinki. "Ich wollte 100 Punkte drauflegen im Vergleich zu Götzis. Das habe ich geschafft. Und ich habe gesagt, ich will dann nochmal 100 Punkte drauflegen in London. Das muss ich jetzt noch machen“, sagte der Sieger.

Dem bis zur siebten Disziplin führenden Ukrainer Alexej Kasjanow nahm Behrenbruch 237 Punkte ab. Allein in seiner "Schokoladendisziplin“, dem Speerwurf, war er um 15,08 Meter besser und machte 227 Zähler gut. Gold war gebont. Halbzeit-Meister Kasjanow freute sich am Ende auch über Silber (8321), Bronze eroberte der erst 21 Jahre alte Russe Ilja Schkurenjow (8219). Der Hallenser Norman Müller wurde Siebter; EM-Debütant Mathias Brugger (Ulm) musste wegen Kniebeschwerden vor dem Stabhochsprung aufgeben.

Behrenbruch ist ein Sturkopf, unbeirrt geht er seinen eigenen Weg. Mit dem Deutschen Leichtathletik-Verband (DLV) lag er lange über Kreuz. Im November 2011 zog er nach Tallinn, Andrej Nazarow und Erki Nool sind dort seine neuen Trainer. Zum Umweg über Estland hatte sich der Hesse entschlossen, weil er weder in seinem Frankfurter Club noch mit dem DLV-System klar kam. "Die Leistung gibt mir Recht. Ich konnte endlich meinen Weg gehen, wie er für mich perfekt ist“, urteilte er.

Den gut gemeinten Rat von Verbandsexperten, auf einen Doppelstart zu verzichten, schlug der eigenwillige Hesse aus. "Meine Trainer haben mir gesagt, ich soll die EM machen“, sagte Behrenbruch. Den Wechsel in die baltische Hauptstadt Tallinn bereut er nicht. 42 Tage nach der EM will der 1,96 Meter große Modellathlet beim olympischen Zehnkampf in London den zweiten Saisonhöhepunkt angehen.

"Das Verhältnis von Pascal und dem DLV-Personal hat sich entwickelt im Laufe der Zeit. Für ihn ist es eine richtige Entscheidung. Die Konflikte sind ausgeräumt“, meinte Verbands-Vizepräsident Günther Lohre am Donnerstag.

"Er hat es genau richtig gemacht“, bekräftigte Arne Gabius, 24 Stunden zuvor strahlender Silbermedaillengewinner über 5000 Meter. Auch der Tübinger ist ein Einzelgänger. Er kann Behrenbruch voll verstehen. "Man muss sich an den Besten orientieren, und die hat er dort in Estland.“ Und überhaupt: "Zehn Jahre Leistungssport – da kann man nicht immer Everybody's Darling sein.“

Die bis dato letzte EM-Medaille für die deutschen Zehnkämpfer, die 2010 in Barcelona überhaupt nicht präsent waren, hatte 1990 Olympiasieger Christian Schenk erobert: Vor 22 Jahren gab es Bronze für den Rostocker.