Die Leichathletik-WM in Berlin (13.-25. August) bietet deutschen Sportlern die Chance, vor heimischem Publikum aufzutreten. Kein Wunder, dass sie härter denn je um die WM-Normen kämpfen.

Hamburg. Nach einer aufregenden Woche und einer schwierigen Vorbereitung ist bei Deutschlands neuem „Wunderspringer“ noch Sand im Getriebe – doch Hallen-Europameister Sebastian Bayer war mit seinen 8,02 Metern zum Saisoneinstand in Bad Langensalza dennoch zufrieden. „Ich habe hier Wettkampfhärte gezeigt und komme sicher in Form. Erkrankungen hatten mich aber zuvor richtig ausgeknockt“, sagte der 22-jährige Bremer am Sonnabend nach seinem ersten Auftritt seit seinen fabelhaften 8,71 Meter vom März in Turin.

Bei den Medaillen-Hoffnungen Ariane Friedrich und Christina Obergföll läuft es hingegen neun Wochen vor den Leichtathletik-Weltmeisterschaften in Berlin schon rund. Nachwuchsmann Stefan Schwab hat als erster deutscher Sprinter die WM-Norm über 100 Meter geknackt. Der 22-Jährige aus Schwarzenbek lief am Sonntag in Regensburg bereits im Vorlauf mit persönlicher Bestleistung von 10,19 Sekunden deutsche Jahresbestzeit.

Grund zur Freude hatte auch Stabhochspringerin Kristina Gadschiew aus Zweibrücken: Sie verbesserte ihre persönliche Bestmarke um drei Zentimeter und erfüllte mit 4,55 Metern die geforderte WM-Norm. Daran fehlten dem „Kollegen“ Tim Lobinger diesmal 20 Zentimeter. Der 36- jährige Altmeister aus München gewann zwar mit 5,50 Metern vor Alexander Straub (Filstal/5,40), sucht aber immer noch seine Form. In Thüringen stahl der Vize-Europameister unterm Dach Bayer bei Regen und Kälte im Freien die Show: Nils Winter aus Leverkusen segelte auf 8,12 Meter. Allerdings wehte der Wind mit 2,9 Meter/Sekunde unzulässig stark von hinten. Zur WM-Norm (8,15) fehlten ohnehin drei Zentimeter. Bayer sprang seine beste Weite in langen Hosen. Im kurzen Beinkleid flog er dann im fünften, allerdings übertretenen Versuch auf etwa 8,30 Meter. Ende Mai hatte Bayer unter einer Mandel- und Mittelohrentzündung gelitten und musste Antibiotika einnehmen. „Ich hatte im Mai ganze drei Trainingssprünge“, klagte er.

In einer Behindertentoilette im Zug auf dem Weg nach Bad Langensalza hatte der Senkrechtstarter der deutschen Leichtathletik noch eine kuriose Dopingkontrolle – weil er zu Hause zu wenig Urin lassen konnte und los musste. Damit der Aufregung nicht genug: Sein Trainer Joachim Schulz sorgte vergangene Woche für Schlagzeilen, als er zugab, zu DDR-Zeiten Dopingmittel verabreicht und im Selbstversuch ausprobiert zu haben. Bayer ließ sich dadurch aber nicht aus der Ruhe bringen. „Das ist jetzt 20 Jahre her, und die DDR-Trainer konnten sich das doch nicht aussuchen, ob sie da mitmachen oder nicht.“ Für ihn sei die Sache „kalter Kaffee“.

Beim Super Grand Prix in Eugene (USA) stellte Dwight Phillips eine Weltjahresbestleistung auf. Der Amerikaner sprang am Sonntag im US- Bundesstaat Oregon bei 1,2 Metern pro Sekunde Gegenwind 8,74 Meter. Phillips lag damit vor Olympiasieger Irving Saladino (Panama), der auf 8,63 Meter kam. Über 400 Meter war Sanya Richards (USA) in 49,86 Sekunden so schnell wie noch keine Frau in diesem Jahr. Betty Heidler (Frankfurt/Main) gewann den Hammerwurf mit 72,81 Metern. Bei den Frauen setzte sich in Bad Langensalza die ehemalige Siebenkämpferin Naide Gomes aus Portugal mit der Weltklasse-Weite von 6,90 Metern durch. Beste deutsche Weitspringerin war Sophie Krauel aus Jena als Vierte mit 6,60 Metern. Ihre konstanten Leistungen aus dem Winter scheint Ariane Friedrich in der Freiluft-Saison nahtlos fortzusetzen: „Das war der 20. Sprung über zwei Meter in meinem Leben“, meinte die Höhenjägerin aus Frankfurt nach ihrem Sieg am Freitagabend in Baunatal stolz. Allerdings fiel die Olympia-Siebte dabei auf einen Fehler auf ihrer Homepage herein: Es war ihr 19. Satz über die magische Marke. Beim Versuch, den seit 1991 gültigen deutschen Rekord von Heike Henkel (2,05) einzustellen, scheiterte sie jedoch.

„Sehr, sehr wichtig“ ist für Friedrich nun das ISTAF am kommenden Sonntag in Berlin. Neben Friedrich ist auch Speerwerferin Christina Obergföll in beachtlicher Frühform: Die Olympia-Dritte aus Offenburg bezwang mit 67,48 Meter die komplette deutsche Elite – darunter die Leverkusenerin Steffi Nerius (64,80) – deutlich. Ihr neuer Lebensgefährte Boris Henry, der frühere Weltklasse-Werfer und heutige Bundestrainer, sah ihr dabei zu. „Es ist schon sehr beruhigend und motiviert mich, wenn er da oben sitzt“, meinte Obergföll.