Die Zielvereinbarungen für die Sotschi-Spiele 2014 scheinen nach durchwachsenen Leistungen der deutschen Wintersportler optimistisch. Dennoch will der DOSB in der Nationenwertung wieder vorn landen.

Berlin. Skirennfahrerin Maria Höfl-Riesch, Kombinierer Eric Frenzel oder Rodler Felix Loch – alle haben das Potenzial, bei den Olympischen Spielen 2014 in Sotschi Gold zu gewinnen. Aber: Der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) hat in seinen Zielvereinbarungen 17 Olympiasiege und insgesamt 40 Medaillen festgehalten – bei idealem Verlauf wohlgemerkt. Illusorisch? Die Ergebnisse und Leistungen dieses Winters lassen Zweifel aufkommen.

Zum Vergleich: Für Vancouver 2010 hatten die DOSB-Leistungsplaner auf 40 Medaillen und 14 Titel gehofft. Am Ende sprangen 30 Medaillen raus, davon zehn aus Gold. Die für Leistungssport zuständige DOSB-Vizepräsidentin Christa Thiel bekräftigte vor ein paar Wochen dennoch die ambitionierten Ziele: „Die bisherigen Ergebnisse des vorolympischen Winters lassen uns zuversichtlich vorausschauen. Wir möchten in Sotschi erneut um den Sieg in der Nationenwertung kämpfen.“ In Vancouver hatten die Deutschen Rang zwei belegt.

Zum Zeitpunkt ihrer Aussagen kannte Christa Thiel allerdings die ernüchternden Ergebnisse der deutschen Biathleten bei der WM in Nové Mesto noch nicht – die deutschen Skijäger holten nur eine Silber- und Bronzemedaille. Vor allem die Damen bereiten ein Jahr vor Sotschi Sorgen. „Wir haben die Zeichen der Zeit erkannt. Wir versuchen, eine schlagkräftige Mannschaft zu formen. Da bleiben uns ja Gott sei Dank noch zwölf Monate“, erklärte Frauen-Bundestrainer Gerald Hönig. In Vancouver hatten die deutschen Biathleten um Magdalena Neuner noch fünf Medaillen feiern dürfen.

„Das wird nicht ganz einfach“

Die deutsche Eishockey-Nationalmannschaft der Männer wird in Sotschi sogar ganz fehlen – das Team von Bundestrainer Pat Cortina verpasste erstmals die sportliche Qualifikation fürs Olympia-Turnier. Nach Ende der Saison wird der DOSB mit allen Wintersportverbänden die üblichen Meilensteingespräche führen, bei denen die olympischen Medaillenprognosen noch einmal analysiert und gegebenenfalls korrigiert werden. Einen Haken haben diese Debatten jedoch: Stuft ein Verband seine Erwartungen nach unten, wird auch die Förderung möglicherweise zurückgefahren. Genau das wollen die finanziell klammen Wintersportverbände vermeiden.

Vielmehr sollen mit Erfolgen zusätzliche Sponsoren gewonnen werden. Gute Argumente sammelten bei ihren Weltmeisterschaften die Rodler und Bobpiloten mit sechs Titeln und insgesamt 13 Medaillen. „Natürlich bleibt die eine oder andere Aufgabe, die wir noch zu lösen haben. Das wird nicht ganz einfach“, sagte Thomas Schwab, Generalsekretär und Sportdirektor des Bob- und Schlittenverbandes für Deutschland (BSD). „Die Ziele, die wir mit dem DOSB vereinbart haben, wurden aber erfüllt. Dies ist für uns extrem wichtig, da es uns die finanzielle Basis und notwendige Unterstützung für die Vorbereitung in Richtung Olympia 2014 in Sotschi sichert.“

Die nordischen Skisportler haben mit fünf WM-Medaillen in Val di Fiemme ihr Ziel von sechs bis sieben Plaketten knapp verfehlt und ein Jahr vor Sotschi noch Luft nach oben gelassen. „Wir wollten etwas mehr, aber mit dem, was passiert ist, können wir leben. Wir gehören noch immer in einigen Teilbereichen zur Weltspitze“, sagte DSV-Sportdirektor Thomas Pfüller. Für den einzigen Titel war Kombinierer Frenzel im Einzelwettbewerb verantwortlich.

„Wer weiß, was bis dahin passiert“

Ebenfalls positiv blicken die alpinen Rennläufer dem Ringe-Spektakel an der russischen Schwarzmeerküste entgegen – die vier deutschen WM-Medaillen machen Mut. „Wir haben in Schladming die Plattform genutzt, um unseren Sport bei Herren und Damen mit guten Resultaten zu präsentieren“, meinte Alpin-Direktor Wolfgang Maier. Vor allem Maria Höfl-Riesch (Gold in der Super-Kombination) und Felix Neureuther (Silber im Slalom) haben mit ihren Fahrten Gold-Hoffnungen für die Winterspiele geweckt. „Das ist relativ weit weg und wer weiß, was bis dahin passiert“, bremste Maier (noch) zu hohe Erwartungen.

Viel geschehen muss indes noch in den Trendsportarten wie Skicross oder Freestyle, die rund zehn Prozent der Entscheidungen in Sotschi ausmachen werden. Hier „haben wir den Einstieg eindeutig verschlafen“, sagte Professor Arndt Pfützner, Direktor des Institut für Angewandte Trainingswissenschaft in Leipzig. „Wir haben in der Olympia-Auswertung 2010 darauf reagiert und ein Konzept erarbeitet, wie die technisch-akrobatischen Sportarten diesen Trend unterstützen können. Dieses Konzept aber ist bisher mit uns nicht in Gang gesetzt wurden.“