HSV-Kreisläufer Andreas Nilsson erlitt beim 28:28 Schwedens gegen Deutschland eine Gehirnerschütterung.

Hamburg. Ein Unentschieden ist im Sport oft das denkbar schlechteste Ergebnis. Es hinterlässt Fragen, die eigentlich das Resultat hätte beantworten sollen. Also sprach Horst Bredemeier, Vizepräsident des Deutschen Handball Bundes (DHB), nach dem unterhaltsamen 28:28 (15:16) der Männer-Nationalmannschaft in der Hamburger O2 World gegen eine Auswahl jüngerer schwedischer Handballspieler, die nur noch wenig mit jenem Team gemein hatte, das vor einem halben Jahr in London Olympiazweiter geworden war, weise Worte: "Ein Testspiel ist ein Testspiel, und das dient zum Testen."

Eine Woche vor dem ersten Auftritt bei der WM in Spanien (11.-27. Januar) gegen Brasilien (Sonnabend, 16 Uhr, ARD live) nutzte Bundestrainer Martin Heuberger die 60 Minuten dann auch ausgiebig zum Probieren. Neue Erkenntnisse dürfte er dabei kaum gewonnen haben. Ohne Mannschaftskapitän Oliver Roggisch (Rhein-Neckar Löwen), der nach auskurierten Magen-Darm-Beschwerden geschont wurde, fehlten der Abwehr in vielen Szenen Aggressivität und Kompaktheit. Die schwedischen Rückraumschützen kamen dadurch aus acht, neun Metern ungestört zum Torwurf, was sie reichlich nutzten. Diese Freiräume wurden ihnen erst später systematisch beschnitten, als Heuberger eine offensivere Deckungsvariante wählte.

Hinter den Verteidigungslinien machte der Berliner Torhüter Silvio Heinevetter einen reaktionsschnelleren Eindruck als sein Lemgoer Kollege Carsten Lichtlein. Heinevetter hielt in der zweiten Halbzeit einige Bälle, die Lichtlein in der Hälfte davor hatte passieren lassen. Im Angriff imponierten der Flensburger Steffen Weinhold und der künftige HSV-Profi Adrian Pfahl (Gummersbach) mit bekannter Wurfkraft. Und das schnelle Umschalten von Abwehr auf Angriff gefiel Heuberger erst, als Heinevetter mit seinen Pässen Tempo ins Konterspiel brachte.

Was diese Vorstellung für die WM bedeuten könnte, resümierte der Kieler Linksaußen Dominik Klein: "Wenn alle Puzzleteile passen, werden wir eine gute WM abliefern und über das gesteckte Minimalziel Achtelfinale hinauskommen." Der Kader habe in der Breite sehr gute Qualität, was sich im Laufe eines langen Turniers positiv auswirken könne, "wir haben aber keine Welthandballer wie Filip Jicha oder Nikola Karabatic, die ein schlecht laufendes Spiel auch mal allein entscheiden können". Die Stärke dieser deutschen Mannschaft sei, "dass jeder in der Lage ist, dem Team in bestimmten Momenten zu helfen". Wann diese anstehen, "müssen wir im ständigen Gespräch mit dem Bundestrainer während des Spiels kommunizieren. Wenn jeder optimal eingesetzt wird, traue ich uns einiges zu."

Der ehemalige Hamburger Nationaltorhüter Johannes Bitter, der mit seinen beiden Kindern das Spiel besuchte, gehört ebenfalls zu den Optimisten: "Eine Woche vor der WM kann noch nicht alles rundlaufen. Aber das ist eine Nationalmannschaft aus gestandenen Bundesligaspielern, selbst die Neulinge haben ihre Klasse in der stärksten Liga der Welt längst bewiesen. Dass einige bisher keine WM oder EM gespielt haben, muss kein Nachteil sein. Wenn die Mannschaft gut ins Turnier startet, sich in den ersten Begegnungen Selbstvertrauen holt, kann sie was erreichen - zum Beispiel das Viertelfinale." Das glaubt auch Bundestrainer Heuberger: "Natürlich fehlt uns der eine oder andere erfahrene Spieler. Was mich jedoch an diesem Team immer wieder beeindruckt, ist neben dem Zusammenhalt die Begeisterung, die es ausstrahlt. Keiner hat sich in den vergangenen Wochen nicht einen Moment lang hängen lassen. Das imponiert mir."

HSV-Profi Andreas Nilsson, der wie Kollege Fredrik Petersen von den Hamburger Zuschauern mit dem größten Beifall begrüßt worden war, wird das Testspiel - wenn überhaupt - in schwacher Erinnerung behalten. Der Kreisläufer erlitt nach heftigem Zusammenprall mit seinem Mannschaftskameraden Niklas Barud in der ersten Halbzeit eine Schädelprellung und Gehirnerschütterung. Nilsson wird mindestens eine Woche mit dem Training aussetzen müssen. Weil die Schweden nicht für die WM qualifiziert sind, das ist noch der erfreulichste Aspekt dieses Unfalls, kann er sich in Ruhe auskurieren.

Tore, Deutschland: Pfahl (Gummersbach) 4, Reichmann 4, Schmidt (beide Wetzlar) 4 (3 Siebenmeter), Kneer (Magdeburg) 3, Weinhold (Flensburg-Handewitt) 3, Theuerkauf (Balingen-Weilstetten) 3, Wiencek (Kiel) 2, Haaß (Göppingen) 2, Klein (Kiel) 2, Strobel (Lemgo) 1; Schweden: Jakobsson 6, Fahlgren 5, Lönn 4, Ekberg 3 (2), Nielsen 3, Olsson 2, Petersen 2, Tingsvall 1, Nilsson 1, Tellander 1. Zuschauer: 11.269. Zeitstrafen: 1; 3.