Die HSV-Handballer versöhnen beim überzeugenden 38:27-Erfolg gegen die MT Melsungen ihre Fans. Torhüter Bitter mit umjubeltem Comeback.

Hamburg. Auf dem Weg in die Kabine nahm Martin Schwalb noch einen kleinen Umweg in Kauf. Es galt, noch Michael Roth herzlich zu umarmen, seinen engen Freund, dem er zuvor sehr wehgetan hatte. Dann lief der HSV-Trainer vorbei am Fanblock U11, der eben noch seinen Namen skandiert hatte, winkte kurz und entschwand. Mit 38:27 (19:14) hatten seine Handballer die von Roth betreute MT Melsungen besiegt, nein, sie hatten sie deklassiert - jene Mannschaft also, die zehn Tage zuvor sensationell die eineinhalb Jahre währende Erfolgsserie des THW Kiel beendet hatte. Das allein lieferte dem HSV-Fanblock genügend Stoff für Spott. "Seht ihr, Kieler, so wird es gemacht!" Man hatte ja in Hamburg sonst nicht viel zu lachen gehabt in dieser Bundesligasaison.

Die Stimmung hatte schon nach zwölf Minuten einen ersten Höhepunkt erreicht, als Johannes Bitter seinen Arbeitsplatz in der heimischen O2 World einnahm - zum ersten Mal, seit er sich an gleicher Stelle neun Monate zuvor im Champions-League-Spiel gegen die Füchse Berlin das Kreuzband gerissen hatte. Seine Einwechslung wurde mit begeisterten "Jogi"-Sprechchören zur Kenntnis genommen. Sie hatte sich allerdings auch aufgedrängt: Dan Beutler hatte nur einen der acht Würfe aufs Hamburger Tor parieren können. Der alte HSV-Schwede, Per Sandström, machte es auf der anderen Seite allerdings nicht viel besser, weshalb es zu dem Zeitpunkt folgerichtig 7:7 stand.

Bitters schieres Mitwirken schien zu reichen, um dem HSV einen positiven Impuls zu geben. Bis zur ersten Parade musste er zwar sieben Bälle passieren lassen und geschlagene 17 Minuten warten. Doch hatten seine Vorderleute die Angriffs- und Abwehrleistung bereits spürbar erhöht. Schwalb hatte mit Bedacht eine defensive Deckungsformation gewählt. Das war gegen den Melsunger Rückraum, der körperlich nicht zu den furchteinflößenden zählt, auch bequem vertretbar. Zudem sparte es Kräfte, die stattdessen in schnelle Tore investiert werden konnten. Allein acht der ersten 13 HSV-Treffer resultierten aus Kontern. Aber auch aus dem positionsgebundenen Spiel heraus gelang fast alles, wobei sich im Rückraum vor allem die formidablen Marcin Lijewski und Pascal Hens hervortaten. Lijewskis 500. Bundesligator bedeutete den 19:14-Halbzeitstand. Fast überflüssig zu erwähnen, dass es ein Tempogegenstoß war.

Torsten Jansen saß zu diesem Zeitpunkt noch hinter der HSV-Bank - und er blieb dort auch sitzen. Schwalb wollte den angekündigten Saisoneinstand des Linksaußen offenbar nicht erzwingen, zumal Jansen in den vergangenen Tagen noch über Fußbeschwerden geklagt hatte. Verwunderlicher war da schon, dass Michael Kraus 42 Minuten auf seinen Einsatz warten musste. Als er kam, war das Spiel beim Stand von 27:18 bereits entschieden. Der Spielmacher hatte bereits am Vorabend einen Rückschlag hinnehmen müssen, als ihn Bundestrainer Martin Heuberger darüber informierte, dass er nicht zu seinem engeren Aufgebot für die Weltmeisterschaft im Januar in Spanien gehört.

Schwalb wird die Nachricht nicht nur missfallen haben, steht ihm doch nun zumindest ein Spieler mehr zur Verfügung, um die zweite Saisonhälfte vorzubereiten. Im neuen Jahr ist dem HSV in der Form vom Mittwoch noch einiges zuzutrauen. Weil Bitter seine Fangquote im Spielverlauf noch auf gut 40 Prozent steigerte, wurde es ein Kantersieg. Bereits am Sonnabend kann man einen weiteren Mitbewerber um die Champions-League-Plätze, die HSG Wetzlar, ein Stück distanzieren. Auch die Berliner sind nach ihrer Niederlage gegen Hannover-Burgdorf wieder angreifbar. So kann es gern weitergehen.

Tore, HSV Hamburg: Lindberg 8 (2 Siebenmeter), Hens 7, Lijewski 6, Nilsson 5, Vori 4, Petersen 3, Duvnjak 2, Kraus 1, Schröder 1, Florh 1; Melsungen: Schröder 6, Allendorf 6 (1), Mansson 5 (1), Vuckovic 2, Stenbäcken 2, Fahlgren 2, Kubes 1, Hildebrand 1, Sanikis 1, Karipidis 1 (1). Schiedsrichter: Dinges/Kirsch (Eggenstein-Leopoldshafen). Zuschauer: 7513. Zeitstrafen: 1; 2.