Der große Held des WM-Halbfinals zwischen Argentinien und den Niederlanden war nicht Lionel Messi oder Arjen Robben. Es war Torwart Sergio Romero, den zudem eine besondere Geschichte mit dem gegnerischen Trainer Louis van Gaal verbindet.

São Paulo. Wer auf dem Rasen ein blau-weißes Trikot trug und noch Kraft zum Laufen hatte, stürzte sich auf Sergio Romero. Elfmeterschützen, Ersatzspieler und auch Betreuer der Argentinier verschmolzen nach dem Erreichen des WM-Finales zu einer einzigen Jubeltraube. Mittendrin jubelten Lionel Messi, der Superstar des Weltfußballs, und eben Romero, der Ersatztorwart des AS Monaco. Beide hatten in diesem zumindest am Ende dramatischen Halbfinale gegen die Niederlande für einen Abend die Rollen getauscht.

„Ich hatte keinen Zettel. Das war Intuition“, sagte der 27-jährige Keeper über seine beiden gehaltenen Schüsse von Ron Vlaar und Wesley Sneijder beim 4:2-Erfolg im Elfmeterschießen. Es war diesmal kein Tor und auch keine geniale Vorarbeit von Messi, die die Argentinier in ihr bereits drittes Weltmeisterschafts-Endspiel gegen Deutschland nach 1986 (3:2) und 1990 (0:1) brachte. Es waren die Paraden ihres eigentlich als Schwachpunkt ausgemachten Torwarts.

Romeros fast schon spielfilmreife Geschichte erzählt davon, dass er bei seinem aktuellen Verein zuletzt überhaupt nicht mehr spielte, dafür aber vor allem unter einem Trainer besonders erfolgreich: dem niederländischen Bondscoach Louis van Gaal.

Das Ärgerliche sei, „dass ich selbst derjenige war, der Argentiniens Torwart in Alkmaar beigebracht hat, wie man Elfmeter pariert“, sagte dieser nach dem unglücklichen Ausscheiden seiner Elf. Es ist nicht ganz klar, ob das bloß eine Art Reflex war, weil sich van Gaal bislang nach jedem WM-Spiel selbst gelobt hatte. Vielleicht meinte er es aber wirklich nicht ganz ernst, denn ungefähr drei Fragen später erklärte er: „Das war nur ein Scherz. Wir waren damals der Club, der Sergio Romero nach Europa geholt hat, weil er ein großes Talent ist. Aber natürlich habe ich ihm nicht speziell beigebracht, wie man am besten Elfmeter hält.“

Aber auch so wurden Romero und van Gaal 2009 gemeinsam mit AZ Alkmaar niederländischer Meister. Danach ging der Trainer zu Bayern München und der Torwart zu Sampdoria Genua, bis es ihn in der vergangenen Saison auf Leihbasis nach Monaco zog. Romero ist zwar in seiner Karriere schon Junioren-Weltmeister 2007 und Olympiasieger 2008 geworden. Aber an dem bislang größten Abend seiner Karriere wusste er nicht, bei wem er sich als erstes bedanken sollte.

„Heute kannst du in die Geschichte eingehen“


Lange nach dem Spiel ging er in die holländische Kabine zu van Gaal. „Er hat mir in meiner Karriere sehr geholfen und hat viel für mich getan“, erzählte Romero. „Ich kam damals mit 20 Jahren zum ersten Mal nach Europa in ein völlig anderes Land mit einer völlig anderen Sprache. Ich habe am Anfang kein einziges Wort verstanden, aber Louis van Gaal hat mit mir Spanisch gesprochen und mir damit sehr geholfen. Er ist überhaupt ein Trainer, der seinen Spielern sehr viel beibringt und mit auf den Weg gibt. Dafür bin ich ihm dankbar.“

Zu diesem Zeitpunkt war der Schlussmann bereits bei seinem aktuellen Coach Alejandro Sabella und dem kompletten argentinischen Trainerstab gewesen und hatte alle umarmt. „Sie haben mich in der schwersten Phase meiner Karriere sehr unterstützt“, meinte er gerührt. „Ich habe zum ersten Mal bei einem Verein nur auf der Bank gesessen. Aber Alejandro hat immer zu mir gehalten.“

Beim AS Monaco durfte die argentinische Nummer eins in der vergangenen Saison nur im französischen Pokal und dreimal in der Meisterschaft spielen. Jetzt steht er im WM-Finale. „Ich freue mich sehr für ihn“, sagte Sabella. „Romero und auch Rojo sind vor dem Turnier stark kritisiert worden. Jetzt haben sie jedem gezeigt, wie stark sie sind und dass sie es verdienen, das argentinische Trikot zu tragen.“ Javier Mascherano, der Stratege und heimliche Kapitän der Mannschaft, hatte vor dem Elfmeterschießen extra noch einmal auf Romero eingeredet. „Ich habe ihm gesagt: Heute ist dein Tag. Heute kannst du in die Geschichte eingehen.“