Sami Khedira und Philipp Lahm können bislang vor der Abwehr nicht die gewünschten Akzente setzen. Bastian Schweinsteiger unterstrich stattdessen beim Kurzeinsatz gegen Ghana seine Ambitionen.

Fortaleza. Missmutig stapfte Bastian Schweinsteiger mit seinem Rollkoffer durch die Interview-Zone. Alle Fragen wehrte er energisch ab. Dabei hätte der 29-Jährige durchaus etwas zu erzählen gehabt. Nach seiner Einwechslung in der 70. Minute hatte der Star von Bayern München noch einmal Schwung ins deutsche Spiel gebracht und damit seine Ambitionen auf einen Platz in der Startelf am kommenden Donnerstag (21 Uhr/ZDF) gegen die USA unterstrichen.

Die Chance darauf ist durch eine Verletzung bei Konkurrent Sami Khedira gestiegen. Dessen Einsatz ist wegen einer Innenband-Zerrung im linken Knie offen. Doch Schweinsteiger schwieg. Kein Wort dazu oder zu seiner Degradierung, auch kein Wort zu seiner Leistung beim 2:2 (0:0) gegen Ghana.

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Die beherzte Vorstellung des Routiniers in seinem 103. Länderspiel dürfte Bundestrainer Joachim Löw so oder so zum Nachdenken gebracht haben, zumal sich Kapitän Philipp Lahm und Khedira bislang noch nicht als die erhofften Stützen des deutschen Spiels erwiesen haben. Das eigentliche Herzstück des DFB-Teams hat Rhythmus-Störungen.

Lahm, normalerweise die Zuverlässigkeit in Person, zeigte schon beim 4:0 gegen Portugal und nun auch gegen Ghana ungewohnte Schwächen. Der 30-Jährige wirkte lange nicht so dynamisch wie sonst und fabrizierte Fehler, die man in dieser Form von dem Bayern-Profi nicht kennt. Waren diese gegen Cristiano Ronaldo und Co. noch ohne Folgen geblieben, so verschuldete Lahm mit einem leichtfertigen Querpass das zwischenzeitliche 1:2 gegen Ghana.

„Philipp passieren normalerweise wenig Fehler, diesmal waren es zwei, drei“, sagte Löw, hatte aber gleich eine etwas abstruse Begründung für die Unzulänglichkeiten parat: „Der Boden war unglaublich hart und stumpf. Da unterlaufen Spielern mit einer engen Ballführung schon mal Fehler.“

Dies dürfe man sich aber dennoch „nicht erlauben“, meinte der 108-malige Nationalspieler und fügte kritisch an: „Wir hatten Probleme beim Aufbau, das war taktisch nicht so clever.“ Man habe „keinen Zugriff“ bekommen und „die Raumaufteilung“ habe nicht gestimmt. Mats Hummels sprach von „leichten individuellen Fehlern“.

Direkte Schuldzuweisungen gab es keine - aber auch Khedira durfte sich durchaus angesprochen fühlen. Dem 27-Jährigen von Real Madrid war zwar erneut das Bemühen nicht abzusprechen. Doch nach seiner langen Verletzungspause wegen eines Kreuzbandrisses ist Khedira die fehlende Spielpraxis noch deutlich anzumerken. Nach wie vor wirken die Bewegungen beim Ex-Stuttgarter wenig rund. In den Zweikämpfen kommt er oft zu spät, auch die Offensivaktionen sind ohne die erhoffte Durchschlagskraft. Die Verletzung hatte er sich wohl schon bei einem Zweikampf vor der Pause zu gezogen.

Schweinsteiger schaffte es dagegen bei seinem ersten WM-Einsatz 2014, „sofort Akzente zu setzen“, wie Teammanager Oliver Bierhoff anerkennend feststellte. Der Münchner war sofort präsent, auch seine Körpersprache dokumentierte, dass Löw auf ihn bauen kann. Bastian habe in den 20 Minuten „überzeugt“ und noch einmal „für neuen Schwung gesorgt“, würdigte Löw dessen Leistung.

Wie der Bundestrainer für das USA-Spiel entscheidet, ließ er offen. Da er aber schon vor dem Turnier Zweifel geäußert hatte, ob Khedira überhaupt kräftemäßig durchhalten würde und dieser gegen Ghana einen müden Eindruck machte, könnte ein Wechsel durchaus bevorstehen und sinnvoll sein. An Lahm wird er trotz dessen durchwachsener Performance im Mittelfeld nicht rütteln. Dass er seinen Kapitän in die Verteidigung zurückbeordert, hatte Assistent Hansi Flick bereits ausgeschlossen.