Der FC St. Pauli reist mit dem letzten Aufgebot nach Leverkusen und legt Einspruch gegen das harte Urteil des DFB-Sportgerichts ein.

Hamburg. Um 10.12 Uhr ging am Freitagvormittag die nächste schlechte Nachricht beim FC St. Pauli ein. Der Deutsche Fußball-Bund (DFB) teilte per Fax mit, dass der Kiezklub als Strafe für den Becherwurf eines Zuschauers auf einen Linienrichter beim daraufhin abgebrochenen Spiel gegen Schalke tatsächlich die Partie am Ostersonnabend gegen Werder Bremen unter Ausschluss der Öffentlichkeit austragen soll. Das DFB-Sportgericht war damit dem Antrag des Kontrollausschusses vom Donnerstag gefolgt.

"Die Verursachung eines Spielabbruchs stellt einen schweren Eingriff in das Spielgeschehen und den Wettbewerb dar und kann nur mit einer konsequenten Sanktion geahndet werden", begründete der Sportgerichts-Vorsitzende Hans E. Lorenz das harte Durchgreifen des Verbandes. Die Strafe soll abschreckende Wirkung haben. "Die Sanktion ist auch aus generalpräventiven Gesichtspunkten erforderlich und soll künftigen Rechtsverletzungen vorbeugen", erklärte Lorenz.

Der FC St. Pauli will sich entgegen erster Ankündigungen nicht mit dem Urteil abfinden und legte keine vier Stunden später Einspruch ein. "Wir möchten unseren Standpunkt in einer mündlichen Verhandlung erläutern", sagte Präsident Stefan Orth. Der Klub fühlt sich zu hart bestraft. "Der Verein wird mit den Zuschauern eines Faustpfandes beraubt", sagte Trainer Holger Stanislawski. "Das ist so, als wenn ich einen Feldspieler ins Tor stellen muss." Zu dem Gerichtstermin wird es nun voraussichtlich Mitte kommender Woche in Frankfurt am Main kommen.

Unterdessen erfährt der Kiezklub immer mehr Unterstützung in seiner kämpferischen Haltung - sogar vom Lokalrivalen HSV. "Ich kann es nicht nachvollziehen, dass ein ganzer Verein für die Dummheit eines einzelnen Idioten bestraft wird", sagte Nationalspieler Dennis Aogo. Aufsichtsratschef Ernst-Otto Rieckhoff wünscht dem Kiezklub, dass er nun ein milderes Urteil erreicht: "Man sollte keinem Verein antun, was jetzt diesem Verein angetan wird. Das Urteil ist viel zu hart." In einigen Fanforen wurde gestern über Protestbekundungen gegen die DFB-Entscheidung diskutiert.

Während St. Pauli mit allen Mitteln gegen das erste "Geisterspiel" der Bundesliga-Geschichte ankämpft, sind die Mittel des Klubs im Kampf gegen den Abstieg beschränkt. Trainer Stanislawski kann angesichts der vielen verletzten und gesperrten Spieler froh sein, wenn er für das Spiel beim Tabellenzweiten Bayer Leverkusen am Sonntag (17.30 Uhr/Sky und im Liveticker auf abendblatt.de) einen kompletten 18er-Kader zur Verfügung hat.

Für Kapitän Fabio Morena kommt ein Einsatz nach seinem Ermüdungsbruch noch zu früh, sodass St. Pauli mit Marcel Eger, Ralph Gunesch, Florian Lechner und Markus Thorandt nur vier etatmäßige Verteidiger zur Verfügung stehen. Immerhin konnten die angeschlagenen Mittelfeldspieler Max Kruse (Muskelfaserriss) und Deniz Naki (Pferdekuss) die Trainingseinheit am Freitag ohne Probleme absolvieren. Auch der zuletzt grippekranke Torhüter Thomas Kessler stand wieder auf dem Platz, dürfte allerdings erneut durch Benedikt Pliquett vertreten werden.

Auf seinen ersten Bundesliga-Einsatz darf der Deutschkroate Petar Filipovic hoffen, der vom Oberligateam St. Paulis zu den Profis befördert wurde. "Er ist sehr flexibel einsetzbar und hat sich im Training sehr gut gemacht", sagte Stanislawski, für den Filipovic - eigentlich ein Mittelfeldspieler - auch als Außenverteidiger infrage kommt.

Der 20-Jährige hatte bereits einen Teil der Sommervorbereitung mit der ersten Mannschaft absolviert und dabei durchaus überzeugt. "Bei den Profis ist das ein anderes Tempo. Auch von der Robustheit der Gegenspieler ist es etwas ganz anderes", meint Filipovic, der allerdings selbst ordentlich zur Sache gehen kann. Unter der Woche wurde der 1,88-Meter-Mann vom Hamburger Fußball-Verband nach einer Roten Karte wegen einer vermeintlichen Tätlichkeit freigesprochen. Erst dies macht eine Berufung in den Kader für das Spiel möglich und war zur Abwechslung mal eine positive Nachricht für St. Pauli.