In der vergangenen Saison zweimal verloren, in Aue noch nie gewonnen - zum Start muss St. Pauli eine Serie brechen. Euphorie im Erzgebirge.

Hamburg. Vor diesem besonderen Spiel sind es schon die kleinen Dinge, an denen man sich in Hamburg erfreuen kann. "Ich bin zumindest schon mal froh, dass diesmal der Platz in gutem Zustand ist", sagt Fabian Boll, "wir haben da ja immer bei Wind und Wetter gespielt." Und noch nie gewonnen. Der Saisonauftakt morgen beim FC Erzgebirge Aue (18 Uhr/Sky und Liveticker auf abendblatt.de) führt St. Paulis neuen Kapitän und seine Mannschaft ins malerische Sparkassen-Erzgebirgsstadion direkt zum Angstgegner. Einem 0:0 im Jahr 2008 folgten zwei Niederlagen in Pokal und Liga, in der vergangenen Saison wurden sogar Hin- und Rückspiel mit null Punkten beendet.

Niederlagen, die wehtaten, ebenso die folgenden Schlagzeilen. Damit der "Haue in Aue" nun kein weiteres "Schmerzgebirge" oder "Erzgewürge" folgt, soll endlich der erste Sieg her. "Ich kann mich an kaum ein Spiel erinnern, in dem wir mehr klare Torchancen hatte", denkt Trainer André Schubert an den letzten Auftritt, das 1:2 am 18. März, zurück und hofft auf einen Lerneffekt: "Aue hat eine sehr starke Mannschaft, das haben wir letzte Saison ja selbst gemerkt. Spieler mit aggressivem Zweikampfverhalten, angetrieben von einem sehr, sehr engagierten Publikum. Uns erwartet da ein heißer Tanz."

Mehr als 10.000 Karten sind bereits verkauft, mindestens 13.000 Fans werden erwartet. Nach zweimonatiger Vorbereitung ist die Euphorie vor dem Start auch in Sachsen greifbar. "Es ist das große Ziel in dieser Saison, unsere Heimstärke zurückzugewinnen und möglichst alle Punkte hierzubehalten", sagt Manager Steffen Heidrich. "Es wird wohl ein Spiel Spitz auf Knopf, wo ein einziger Fehler entscheiden kann. Aber wir wollen hier wieder eine Macht werden", ergänzt Karsten Baumann. Mit Tobias Kempe und Adli Lachheb hat der Trainer lediglich zwei Stammkräfte der vergangenen Saison abgeben müssen, Neuzugänge wie Tobias Nickenig, Ronald Gercaliu und Vlad Munteanu heben die Qualität.

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Zudem wissen die Auer den wohl erfolgreichsten Testspieltorjäger im deutschen Profifußball in ihren Reihen. Mit seinen 39 Treffern übt Halil Savran Druck auf Platzhirsch Ronny König (zehn Tore) und Neuzugang Jakub Sylvestr (13) aus und hätte sein Ergebnis noch ausbauen können, wenn der 15. geplante Test gegen RB Leipzig am vergangenen Wochenende nicht nach Protesten abgesagt worden wäre. Die Veilchen-Fans hatten erfolgreich gegen einen Vergleich mit dem am Tropf von Brausehersteller Red Bull hängenden Klub interveniert. "Wir wissen daher auch noch nicht so ganz genau, welches Personal uns da erwartet", sagt Schubert, der selbst noch einige Fragen zu beantworten hat. So seien bislang lediglich sechs bis sieben Startelftickets vergeben. Besonders die Entscheidung, ob Patrick Funk oder doch Dennis Daube neben Boll in der Mittelfeldzentrale auflaufen, wird heute mit Spannung erwartet. "St. Pauli hat so oder so eine ganz starke Mannschaft", sagt Baumann, "vor allem in der Offensive sind sie brutal gut besetzt. Sie kommen voraussichtlich mit Neuzugang Thy und Ebbers. Für uns geht es zum Auftakt gegen einen äußerst attraktiven Gegner."

So gering die Akzeptanz gegenüber den ambitionierten Leipzigern, so groß die Vorfreude auf die Hamburger. "Wir werden alles dafür geben, damit die Serie weitergeht. Auf in den Kampf!", sagt Mannschaftskapitän René Klingbeil martialisch. Die Vergangenheit dient als Motivation und Mutmacher, die Tradition soll gepflegt werden. "Gegen St. Pauli haben wir immer gute Erfahrungen gemacht", erinnert Torhüter Martin Männel, "und auch der Trainer hat sicherlich etwas schlechtere Erfahrungen mit Aue. Er kennt unsere Stärken, hat bislang aber noch nicht so das Gegenmittel gefunden."

Tatsächlich ist Schuberts persönliche Bilanz noch schlechter als die seines Klubs. Zweimal spielte er mit Paderborn gegen die Sachsen, zweimal mit St. Pauli: vier Spiele, vier Niederlagen. "Jeder Punkt wäre daher schon mal einer mehr auf die 62 der Vorsaison", blickt Schubert positiv auf die Partie. Und zumindest die Bedingungen sollten diesmal besser sein. Der Platz konnte sich in der Sommerpause erholen, erwartet werden für Freitag angenehme 23 Grad. Laut Deutschem Wetterdienst könnten am Abend allerdings auch einige Schauer über das Stadion ziehen. Regen, vereinzelte Gewitter - und ein nächstes "Erzgewitter"?