Auf dem Weg nach oben muss St. Pauli auch den Angriff von zwei Investoren abwehren. Die könnten München und Ingolstadt stärken.

Hamburg. Danny da Costa zuckte kurz mit den Schultern. Eigentlich seien die Unterschiede zwischen seinem alten Verein Bayer Leverkusen und dem neuen Klub kaum spürbar, ließ der 19-Jährige am Wochenende beim Sommerfest des FC Ingolstadt die 300 gekommenen Fans wissen: "Das war dort ähnlich. Da war auch nicht so viel los."

Nein, auf eine große Fangemeinde kann der Klub nicht zählen, und für Tradition stehen allenfalls der MTV und der ESV Ingolstadt, deren Fußballabteilungen 2004 unter dem neuen Label FC Ingolstadt ausgegliedert wurden. Dafür verfügen die Ingolstädter stets über frisches Geld. Seit sechs Jahren ist Audi Trikotsponsor, beteiligte sich mit fünf Millionen Euro am Bau des 2010 fertiggestellten Audi-Sportparks und deckt mit seinen Investitionen mehr als ein Drittel des Sieben-Millionen-Euro-Etats ab. Der Automobilhersteller verfolgt einen ambitionierten Plan. "Die Audi AG peilt mit dem FC Ingolstadt den Aufstieg in die Bundesliga spätestens im Jahr 2014 an. Dieses Ziel muss ich einfach ausgeben", sagte Martin Wagener, Leiter der Audi-Rechtsabteilung und Aufsichtsratsmitglied beim FCI, bereits im vergangenen Jahr, "Mittelfeld der Zweiten Bundesliga ist nicht der Anspruch von Audi. Wenn wir die Bundesliga erst 2015 erreichen, würde ich mich aber auch noch sehr freuen."

Spätestens bis dahin will auch der FC St. Pauli wieder im Oberhaus des deutschen Fußballs angekommen sein. Die Vorgabe des Präsidiums ist unmissverständlich, wenngleich ein derart einflussreicher Geldgeber weder in Sicht noch gewünscht ist und neben gewachsenen Konkurrenten neureiche Nebenbuhler aufgetaucht sind. "Wir müssen es so hinnehmen", sagt Rachid Azzouzi mit Blick auf die Sonderfälle aus dem Süden, "wir sollten schauen, dass wir unseren eigenen Weg gehen und hart arbeiten." St. Paulis neuer Sportdirektor erwartet für die am Freitag beginnende Zweitligasaison eine breite Tabellenspitze mit Hertha BSC, dem 1. FC Köln und Kaiserslautern, aber auch mindestens zwei weiteren Gegnern: "Eine konkrete Einschätzung ist schwierig, weil man die Konkurrenz noch nicht richtig einschätzen kann. Was ist mit den Absteigern aus der Bundesliga? Was mit Ingolstadt? Und was ist mit 1860 München?"

Der vor zwei Jahren aufgestellte Zeitplan der "Löwen" gibt für die Saison 2012/2013 eine Platzierung unter den ersten fünf vor. Trainer Reiner Maurer sieht sich hinter Hertha BSC mit den anderen Anwärtern auf Augenhöhe. Wie in Ingolstadt findet sich der Grund für die gestiegenen Ambitionen hinter den Kulissen. Im Sommer genehmigte der jordanische Investor Hasan Ismaik den Münchnern erneut frisches Geld und gab dem TSV ein Fünf-Millionen-Euro-Darlehen. Zwei Millionen wurden zur Schuldentilgung benötigt, die übrigen drei Millionen Euro flossen in den Etat, der nach 6,3 Millionen Euro im Vorjahr um mehr als 50 Prozent aufgestockt wurde und nun bei zehn Millionen Euro liegt. Neuer Spielraum, der Transfers wie den des griechischen Nationalspielers Grigoris Makos oder von Grzegorz Wojtkowiak, einem polnischen Auswahlspieler, ermöglichte und auch die Personalplanungen St. Paulis entscheidend beeinflusste. Die Hamburger wollten Rechtsverteidiger Moritz Volz halten und den offensiven Außenbahnspieler Moritz Stoppelkamp holen. Am Ende gingen beide lieber nach München, wo Jahresgehälter von bis zu 500 000 Euro zuzüglich Prämien gezahlt werden. St. Paulis Topverdiener müssen sich trotz eines Zwölf-Millionen-Etats mit 350 000 Euro begnügen. Aus dem gleichen Grund wechselten auch da Costa und St. Paulis Wunschstürmer Christian Eigler in diesem Sommer nach Ingolstadt statt ans Millerntor. Mit zwei Treffern gab Eigler beim 2:2 gegen seinen Ex-Klub Nürnberg am Wochenende eine Kostprobe, was von ihm und seinem Verein in dieser Saison zu erwarten ist.

Bei Audi freut man sich über die neue Aufmerksamkeit und erwartet den Sprung aus dem ungeliebten Tabellenmittelfeld. Mit Eigler und da Costa, aber auch Herthas Abwehrchef Andre Mijatovic hat die Mannschaft an Qualität gewonnen und dürfte bei den entsprechenden Erfolgen das Interesse des Investors nur noch weiter vergrößern. "In diesem Jahr können wir ein bisschen was erwarten", frohlockt Audi-Produktionsvorstand Frank Dreves vor dem Auftakt gegen Cottbus. Das Unternehmen will zukünftig mehr Einfluss auf die Vereinspolitik nehmen. "Wenn man ohnehin einen Großteil des Etats zur Verfügung stellt, ist es legitim, darüber nachzudenken, ob man seinen Einfluss nicht vergrößert", findet Wagener.

Bis zum dritten Werksklub nach Leverkusen (Bayer) und Wolfsburg (Volkswagen) ist es allerdings noch ein weiter Weg, da die Partnerschaft dafür mehr als 20 Jahre andauern muss. Ansonsten aber ist bereits jetzt vieles sehr ähnlich, wie nun auch da Costa weiß.