Ein Kommentar von Peter Wenig

Vor dem DFB-Sportgericht ließ der FC St. Pauli gestern Qualitäten erkennen, die zuletzt auf dem Spielfeld vermisst wurden: Kreativität, Mut, Offensivgeist. Es war ein cleverer Schachzug des Vizepräsidenten Gernot Stenger, den Täter zu bewegen, als Zeuge auszusagen. Dessen ebenso überraschendes wie glaubwürdiges öffentliches Geständnis führte zumindest zu einem kleinen Etappensieg. Die Richter milderten den Strafantrag, den Stehplatzbereich bei einem Heimspiel komplett zu sperren, deutlich ab.

Dennoch war weit mehr möglich als dieser Teilerfolg. Das Gericht glaubte dem Kassenrollenwerfer, dass er niemandem schaden wollte, hätte es daher womöglich bei einer Geldstrafe belassen. Dagegen sprach jedoch das lange Vorstrafenregister des FC St. Pauli. Der Kiezklub gilt als Wiederholungstäter; insgesamt viermal wurden innerhalb der vergangenen 13 Monate gegnerische Spieler oder Schiedsrichter beworfen. Entsprechend hart fiel das Urteil am Ende eben doch aus.

Noch ist offen, ob der Verein die Aussperrung akzeptieren wird. Die wichtigste Lehre sollten die Anhänger des FC St. Pauli indes sofort ziehen: Schluss mit irgendwelchen Wurfattacken. Auch die Ultras dürfen solchen Tätern keine Rückendeckung mehr geben, indem sie - wie im Fall des Kassenrollenwurfes geschehen - dem Werfer gestatten, in der Masse abzutauchen. Weitere Aktionen dieser Art werden unweigerlich noch härtere Strafen nach sich ziehen und damit das Image des Klubs, der mit Recht stolz auf seine einzigartige Fankultur ist, weiter ramponieren.