Die dritte Niederlage des FC St. Pauli in einer Woche erhöht die Angst vor dem Absturz. Trainer und Spieler bleiben jedoch positiv.

Hamburg. Woher Lothar Buttkus die Euphorie nahm, mit der er auf der Bielefelder Alm in der 74. Minute die Zuschauerzahl verkündete, blieb sein Geheimnis. Möglicherweise hatte er die Formulierung einen Tag vor dem kollektiven Urnengang einfach zu verlockend gefunden. "23 800 Fußballfans haben richtig gewählt", jubilierte der Stadionsprecher. Seine Arminia führte im vermeintlichen Spitzenspiel des siebten Spieltags vor der Saison-Rekordkulisse mit 1:0 gegen den FC St. Pauli und sollte diese Führung auch nicht mehr abgeben.

Die Mannschaften forderten allerdings mehr die Leidensfähigkeit der Fans als den Gegner heraus. Das Top-Spiel verkam zum Aufeinandertreffen zweier Mannschaften, denen Pokalaus und englische Woche reichlich geistige wie physische Frische abgezapft zu haben schienen. Etikettenschwindel in Ostwestfalen. Doch dass statt Spitzenfußball ein über weite Strecken stumpf-ideenloser Kick geboten wurde, war der Arminia, die paradoxerweise das schlechtere der zwei schwachen Teams stellte, letztlich einerlei. Nach 90 Minuten stand für Bielefeld der vierte Ligasieg in Folge, die Hamburger nahmen nach der 1:2-Pleite gegen Kaiserslautern die zweite Niederlage in Serie hin. Rechnet man das Pokalaus in Bremen (1:2) hinzu, sind es sogar drei aus den vergangenen sieben Tagen. "Ärgerlich, dass wir diese Woche mit der dritten Niederlage abschließen", sagte ein enttäuschter Fabio Morena.

Die ernüchternde Bilanz: Zwei Big Points verschenkt, das Bonus-Spiel verloren. Statt St. Pauli stehen Kaiserslautern und Bielefeld auf einem Aufstiegsplatz. Allerdings war Pleite Nummer drei deutlich unnötiger als die vorangegangenen. St. Pauli beherrschte zwar nicht den Gegner, dafür aber den Ball, was für ein deutliches Plus an Spielanteilen, aber - mit Ausnahme eines Lattenschusses von Florian Bruns (8.) - lange Zeit keine Torchancen sorgen konnte. "Wir haben es 70 Minuten lang nicht geschafft, torgefährlich zu werden", kritisierte Sportchef Helmut Schulte die bislang schwächste Saisonleistung. Fehlende Laufbereitschaft, fehlende Passgenauigkeit, fehlende Kreativität, fehlendes Tempo: St. Paulis Mängel waren nicht zu übersehen, die zunehmenden Fernschussversuche Zeugen braun-weißer Einfallslosigkeit. Und da den Hamburgern gegen den im Vorwärtsgang auf ganzer Linie enttäuschenden Gegner in der Schlussoffensive auch noch das Glück abging, blieben sie erstmals ohne eigenen Treffer.

"Für mich war das Spiel nach der 3. Minute entschieden", konstatierte Holger Stanislawski. Der Trainer musste sich einmal mehr über einen folgenschweren Fehler auf seiner linken Abwehrseite ärgern. Eine Fehlerquelle, an die man sich gewöhnt hat. Weitaus überraschender war der positive Grundtenor, mit dem einige Profis und auch Stanislawski ihre Analyse äußerten. "Ich kann den Jungs keinen großen Vorwurf machen", wählte der Coach lobende Worte, "wir sind auf dem richtigen Weg, müssen nur an Kleinigkeiten arbeiten".

Und so war die Niedergeschlagenheit der Hamburger kaum mehr spürbar, als sie hinter den verdunkelten Fenstern des Mannschaftsbusses verschwanden. Das Gefährt war von dem ertraglosen Wochenend-Trip weitaus deutlicher gezeichnet. Bielefelder Fans, freundschaftlich mit St. Paulis Stadtrivalen verbandelt, hatten in der Nacht vor dem Spiel "HSV" und "Bielefeld" aufgesprüht. Nicht der einzige Etikettenschwindel in Ostwestfalen.

Bielefeld: Eilhoff - Lamey, Mijatovic, Bollmann, Feick - Kauf - Kirch, Federico (86. Janjic), Halfar (66. Delura/81. Risgard), Katongo - Fort.

St. Pauli: Hain - Rothenbach, Morena, Gunesch, Drobo-Ampem - Lehmann, - Boll (73. Naki) - Bruns (43. Kruse), Takyi, Hennings (63. Sako) - Ebbers.

Tor: 1:0 Federico (3.). SR.: Leicher (Weihmichel). Z.: 23.800. Gelb: Morena, Naki.

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