Präsident Corny Littmann: “Ein entscheidender Schritt für den Klub.“ Nur die Bürgschaft der Stadt fehlt noch.

Hamburg. Corny Littmann hatte sich zur Feier des Tages einen Bauhelm aufgesetzt. Mit dem schwarzen Helm auf dem Kopf, auf dem ein Vereinsemblem klebte, gab der Präsident des FC St. Pauli gestern stolz bekannt, dass der Verein einen Kredit über 15,5 Millionen Euro von der Deutschen Kredit Bank (DKB) zugesagt bekommen habe. Mit dem Geld und einer zusätzlichen Eigeninvestition von 1,5 Millionen Euro plant der Verein die charmante, aber marode Haupttribüne abzureißen und in neuem Gewand wieder aufzubauen. Zusätzlich soll in dem Freiraum zwischen Südtribüne und neuer Haupttribüne eine Kindertagesstätte der Pestalozzi-Stiftung errichtet werden - ein in Deutschland einzigartiges Vorhaben. Der Baubeginn ist für Ende Oktober geplant.

Allerdings könnte sich Corny Littman den Helm zu früh aufgesetzt haben. Noch ist nicht alles unter Dach und Fach. Die DKB fordert noch eine Bürgschaft über 80 Prozent des Kreditvolumens, die von der Stadt Hamburg übernommen werden soll. Der Bürgschaftsantrag ist jedoch noch nicht bei der Stadt eingegangen und somit auch noch nicht abgesegnet. Und ohne Bürgschaft gibt es keinen Kredit.

Ein Sprecher der Behörde für Kultur, Medien und Sport bestätigte, dass die Bereitschaft der Stadt, für St. Pauli zu bürgen, sehr groß sei, eine endgültige Entscheidung aber erst gefällt werden könne, wenn die Finanzbehörde die Kreditkonditionen geprüft habe. Die Verantwortlichen des Klubs sind jedoch sicher, dass die Kreditkonditionen nicht zum Problem werden. "Wir haben viele Gespräche geführt und sind auf viel Wohlwollen gestoßen", verkündete Littmann. St.-Pauli-Vize Marcus Schulz ergänzte, dass es sich um einen marktüblichen Kredit mit einer Laufzeit von 18 Jahren handle und deshalb davon auszugehen sei, dass die Stadt bürge.

Die Aussicht auf eine neue Tribüne, auf der neben den rund 2600 Sitzplätzen 1700 Businessplätze, 20 Logen, eine neue Pressetribüne und Plätze für Rollstuhlfahrer entstehen sollen, löste allgemeine Euphorie aus. Präsident Littmann frohlockte: "Das ist ein entscheidender Schritt, nicht nur für die Neugestaltung des Stadions, auch die Entwicklung des Klubs und den Profifußball." Auch Walter Hellmich, Präsident des gleichnamigen Bauunternehmens, das schon die Südtribüne fertiggestellt hat, war die Hochstimmung anzumerken. "Das ist ein Quantensprung für den FC St. Pauli. Es ist sensationell, dass der Verein in diesen Zeiten so etwas hinbekommt. Das spricht für die Marke FC St. Pauli und für die hervorragende Organisation dieses Vereins."

Dass die neue Haupttribüne eine Langzeitinvestition sei, betonte Geschäftsführer Michael Meeske: "Wir rechnen damit, dass das Umsatzvolumen allein durch die neue Haupttribüne um rund 4,5 Millionen Euro steigt." Etwa die Hälfte davon werde zur Bezahlung der laufenden Kosten auf der Tribüne und zur Tilgung des Kredits benötigt. Die andere Hälfte könne in die Mannschaft gesteckt werden. "Die Investition gibt uns die Chance, weiter nach oben zu kommen", sagte Meeske.

Sobald die Stadt, die versprach, den Antrag schnellstmöglich zu bearbeiten, ihr Einverständnis gibt, sollen die Baukräne anrücken. Die Dauerkartenbesitzer der Haupttribüne müssen sich darauf einstellen, dass sie - wahrscheinlich schon beim Heimspiel gegen Energie Cottbus (23.-26.Oktober) - auf andere Plätze ausweichen müssen. Während der Bauphase werden nur noch 20 000 Fans im Stadion Platz haben. Die Kapazität der Haupttribüne erhöht sich nach ihrer Fertigstellung, die für August 2010 geplant ist, um 1200 auf insgesamt etwa 4500 Plätze.

Über eine Veränderung der Fanstruktur machen sich die Klubverantwortlichen keine Sorgen, obwohl ab der Saison 2010/11 immerhin zehn Prozent der Plätze für gut situierte Zuschauer reserviert sein werden. "Das ist in modernen Stadien nicht unüblich", sagte Meeske, "eine Yuppisierung wird es auf St. Pauli aber nicht geben." Für die 20 geplanten Logen gäbe es schon etliche Anfragen.

Die Anbindung der Haupt- an die Südtribüne in Form einer Kindertagesstätte (siehe Bild) sei als getrenntes Bauvorhaben zu betrachten. Der Kredit, so betonte Marcus Schulz, sei ausschließlich für die Haupttribüne genehmigt. Der Bau der Kita kostet noch mal knapp 2,5 Millionen Euro extra. Über die Finanzierung wurden gestern noch keine konkreten Angaben gemacht. Man werde mit Fördermitteln arbeiten, hieß es lediglich. Trotzdem sei der Verein stolz, wieder einmal etwas Einzigartiges zu bieten.

Mit dem Bau der Haupttribüne sind die Planungen noch längst nicht abgeschlossen. Auf lange Sicht sind der Ausbau der Gegengerade und schließlich der Nordtribüne geplant. "Vom gesamten Bauvolumen sind drei Viertel für Süd- und Haupttribüne veranschlagt", sagt Michael Meeske. Für den Rest des Stadions benötigt der Verein also noch mal rund zehn Millionen Euro.

Doch das ist noch Zukunftsmusik. Zunächst ist vor allem wichtig, dass Karin von Welck, Senatorin für Kultur, Sport und Medien, eine Unterschrift unter die Bürgschaft setzt. Dann könnten im Oktober die Bagger anrollen. Der nächste Festtag für Corny Littmann: "Die Gelegenheit lasse ich mir nicht entgehen. Ich werde selbst auf den Bagger steigen."