Der HSV baute verunsicherte Hoffenheimer mit schlimmen Fehlern auf und verlor völlig unnötig mit 0:4 - Rückschlag im Abstiegskampf.

Sinsheim. Die Perspektive war verlockend. Nachdem die direkte Konkurrenz aus Berlin, Köln und Augsburg am Dienstag Niederlagen einstecken musste, war die große Chance da: Mit einem Erfolg in Hoffenheim hätte sich der HSV Luft im Abstiegskampf verschaffen können. Doch nach 90 grausamen Minuten stand fest, dass die Hamburger zum immer kleiner werdenden Kreis der Anwärter für den Gang in die Zweite Liga gehören. Nach dem Auftritt in Sinsheim bleibt den HSV-Anhängern derzeit nur die Hoffnung, dass es in dieser Saison andere Mannschaften gibt, die noch schlechter sind als der HSV. Eine Hoffnung, die gestern Abend einen herben Dämpfer erhielt.

+++ Einzelkritik: Dilettantisch und desolat +++

In der Hinrunde hatte Fink gegen Hoffenheim noch seinen ersten Sieg (2:0) als HSV-Trainer gefeiert und für eine Trendwende gesorgt. In der Hoffnung auf ein erneutes Gelingen setzte der Coach seine angekündigte Rotation um: Mladen Petric wurde trotz seines Treffers beim 1:1 gegen Leverkusen auf die Bank beordert, dafür durfte Tolgay Arslan neben Marcus Berg stürmen. Anstelle von Robert Tesche rückte Gojko Kacar auf die Position neben David Jarolim im defensiven Mittelfeld. Da Dennis Aogo gelbgesperrt nur auf der Tribüne saß, rückte Marcell Jansen nach links hinten, Ivo Ilicevic von der rechten auf die linke Mittelfeldseite, und Jacopo Sala besetzte die frei gewordene Stelle im rechten Mittelfeld.

Und der Start vor 27 000 Zuschauern sah auch vielversprechend aus. Bereits nach 35 Sekunden hätte der HSV in Führung gehen müssen, als David Jarolim den Ball im Mitelfeld eroberte, Ivo Ilicevic abzog und Tom Starke den Ball vor den Füßen von Sala abprallen ließ. Aber der Italiener schoss den Hoffenheimer Keeper an - Chance vertan.

Die Gastgeber wirkten nach der langen Serie ohne Heimsieg (neun Spiele ohne Dreier) verunsichert, der HSV kontrollierte in der ersten Viertelstunde das Geschehen, ohne jedoch zu weiteren Möglichkeiten zu kommen.

"Ein Tor aus dem Nichts", jubelte denn auch der Stadionsprecher nach dem überraschenden 1:0 durch Jannik Vestergaard (17.). Und wieder war es eine unerklärliche Ansammlung von Fehlern, die den Rückstand erst möglich machten. Nach einer Ecke fabrizierte Sala einen missglückten Kopfball, der bei Vestergaard landete. Dessen Schuss fälschte Jeffrey Bruma mit dem Kopf noch ab - 0:1. Standard-Gegentor Nummer 24 in dieser Saison.

Doch es kam noch schlimmer. Heiko Westermann vertändelte nach 25 Minuten den Ball im eigenen Strafraum und traf Vestergaard. Den logischen Strafstoß verwandelte Sejad Salihovic zum 0:2. Standard-Gegentor Nummer 25 - Liga-Minusrekord.

"Zweite Liga, Hamburg ist dabei", sangen die Hoffenheimer Fans höhnisch, während der HSV hilf- und planlos versuchte, den Anschlusstreffer zu erzielen. Die Maßnahmen von Fink hatten nicht zu dem gewünschten Erfolg geführt, der Angriff mit Berg und Arslan präsentierte sich als nicht erstligareif. Der HSV-Coach reagierte in der Pause, brachte Petric für den angeschlagenen Arslan und Gökhan Töre für Sala, um doch noch für die Wende zu sorgen. Und der HSV begann wieder druckvoll und erspielte sich gleich die erste Chance. Als Kacars Kopfball von der Latte ins Feld zurücksprang, wurde Westermann bei seinem Kopfballversuch vom hohen Bein des Hoffenheimers Firmino im Gesicht getroffen. Doch Schiedsrichter Wingenbach ließ weiterspielen (47.). Nur zwei Minuten später zwang Ilicevic Starke zu einer Parade.

Doch nach 51 Minuten war auch dieses Strohfeuer wieder erloschen. Erschreckend, wie Fabian Johnson durch die HSV-Defensive spazieren konnte und nacheinander Bruma, Kacar, Mancienne und Westermann stehen ließ und an Drobny vorbei zum 0:3 einschob - die Entscheidung.

Wer aber dachte, dass Hamburgs Grauen damit ein Ende hatte, der sah sich getäuscht. Nur acht Minuten nach dem 0:3 erhöhte Sven Schipplock ohne Gegenwehr nach einem Kacar-Fehler sogar noch auf 0:4, womit das Debakel perfekt war. Die hämischen Fangesänge "Absteiger! Absteiger!" ließen nicht lange auf sich warten.

Ob Hoffenheims Anhänger mit ihren Parolen sogar recht haben, wird sich vielleicht schon am Sonnabend zeigen, wenn der HSV Hannover 96 empfängt. Mit einer erneuten Niederlage im eigenen Stadion, wo der HSV in der Rückrunde noch kein einziges Mal gewann, könnte die Fink-Mannschaft drei Spiele vor dem Saisonende wieder auf einen direkten Abstiegsplatz rutschen. Dass der HSV mit dem 0:4 in Hoffenheim auch noch seine ohnehin miese Tordifferenz weiter verschlechterte, macht die Aufgabe nicht einfacher. Heiko Westermann bilanzierte düster: "Eine katastrophale Leistung."