Guerrero soll in Hannover erst Hand gespielt und dann geschubst haben. Sein Trainer verteidigt ihn vehement und nimmt ihn in Schutz.

Hannover/Hamburg. Am Morgen danach war das Redebedürfnis Paolo Guerreros endgültig erschöpft. Der Peruaner, der am Vortag so ziemlich jedem TV-Sender Deutschlands erklären musste, was sich seiner Meinung nach zwischen der 54. und 59. Minute im Spiel zwischen Hannover und seinem HSV abgespielt hatte, wollte einfach in Ruhe gelassen werden. Wort- und grußlos verließ der Angreifer als erster HSV-Profi das Trainingsgelände, stieg in seinen weißen Sportwagen und brauste davon. Zurück ließ er einige wenige Reporter, die noch keine Antwort auf die Frage hatten, ob Guerrero am Sonnabend zum wiederholten Male Täter oder diesmal doch nur Opfer war.

Glaubt man HSV-Trainer Armin Veh, ist sein Stürmer diesmal tatsächlich unschuldig. "Der arme Hund tut mir richtig leid, der bekommt ja doch immer nur auf die Mütze", sagte Veh, den vor allem der Ursprung der Debatte erzürnte. So hatte Guerrero am Sonnabend vor dem Treffer zum 2:1 gegen Hannover den Ball offenbar mit dem Oberarm touchiert, verneinte dies aber ("es war kein absichtliches Handspiel") auf Nachfrage von Schiedsrichter Jochen Drees. "Wo kommen wir denn da hin, wenn der Schiedsrichter jedes Mal nachfragt", echauffierte sich Veh, der das anschließende Theater als "tödlich" für seine Mannschaft empfand. Tatsächlich sprang nach dem Schlusspfiff sogar Schiedsrichter Drees Guerrero zur Seite: "Ich will dem Spieler keinen großen Vorwurf machen. Wenn er meint, dass es kein Handspiel war, dann ist das eben so", sagte Drees.

Ganz anders sahen das gleich mehrere Hannoveraner, die direkt nach der Aktion auf Guerrero losstürmten und bedrängten. Ungefähr zu diesem Zeitpunkt könnte der Moment gekommen sein, in dem aus dem vermeintlichen Opfer Guerrero doch noch ein Täter wurde. Denn statt die Tumulte über sich ergehen zu lassen, reagierte der zur Genüge vorbelastete HSV-Profi gewohnt emotional und schubste Jan Schlaudraff zu Boden. Nachdem er zunächst mit einer gelben Karte noch gut bedient schien, diskutierte er im Anschluss weiter mit dem Unparteiischen, was wiederum Veh auf den Plan rief.

Der HSV-Trainer beorderte Ruud van Nistelrooy an die Seitenlinie und wechselte den Niederländer bei erster Gelegenheit für den schimpfenden Guerrero ein. Ähnlich wie bereits nach seiner Auswechslung vor einem Monat gegen Bayern entschied sich der Südamerikaner auch diesmal gegen einen Handschlag mit dem Trainer, besann sich aber und ließ sich schließlich auf der Auswechselbank nieder.

Zeit zum Nachdenken hatte Guerrero gestern mehr als genug. Der 26-Jährige musste zum HSV-Fanklub nach Leck in Nordfriesland reisen. Anders als am Vormittag stand Guerrero dort auch wieder Rede und Antwort. Und zu bereden gab es einiges.