Für das geplante Nachwuchszentrum spendet der Unternehmer zehn Millionen Euro. Zudem erwägt ein anonymer Darlehensgeber, Anteile zu kaufen

Hamburg. Manch einer mag an frühere Versammlungen gedacht haben, als er das Congress Center Hamburg betrat und im Foyer das Hinweisschild zur „Rocky Horror Show“ erblickte. Ein munteres, teilweise schrilles Treiben gab es am Sonntag aber nur beim Musical in Saal 1 des CCH zu bestaunen. In Saal 2 hingegen, wo sich 788 HSV-Mitglieder zur ersten Sitzung des eingetragenen Vereins (e. V.) nach der Ausgliederung der Fußballabteilung eingefunden hatten, ging es friedlich zu wie selten. Bereits um 15.16 Uhr, nach nur gut vierstündiger Dauer, beendete Carl Jarchow die Sitzung.

Dass der 25. Januar dennoch getrost als historisch zu bezeichnen ist, lag an Alexander Otto, der kurz vor Ende des Berichts von Vorstandschef Dietmar Beiersdorfer auf die Bühne trat, um die überarbeiteten Pläne für den HSV-Campus zu präsentieren. Schon seit einiger Zeit war klar gewesen, dass sich der Unternehmer (ECE) über seine Stiftung finanziell beteiligen würde. Am Sonntag nun („Ich wollte es erst den Mitgliedern sagen“) machte er es offiziell: „Ich werde eine Spende von zehn Millionen Euro in eine gemeinnützige Gesellschaft, die HSV-Campus gGmbH, geben.“ Begeistert erhoben sich die Mitglieder und feierten den sichtlich gerührten Otto mit minutenlangen Ovationen.

Seit Sommer, nachdem Beiersdorfer und Sportdirektor Bernhard Peters das Konzept überarbeiten wollten, hatte Otto bereits die Planungskosten übernommen. Mit den zehn Millionen Euro übernimmt Otto nun auch den kompletten Bau. Erste Anträge liegen der Bezirksversammlung Altona vor, noch 2015 soll der erste Spatenstich erfolgen, die Fertigstellung ist für den Sommer 2017 vorgesehen.

Die Struktur sieht vor, dass die gGmbH – die HSV Fußball AG hält 75 Prozent der Anteile, Otto 25 Prozent – Eigentümer wird und den Campus an die Fußball AG vermietet. Der Clou aus E.-V.-Sicht: Die Mieteinnahmen im „mittleren sechsstelligen Bereich“ kommen zu einem Großteil dem Verein zugute, der künftig mit einem Etat von 4,5 Millionen Euro planen darf. Über die Vergabe der Fördermittel für Sportprojekte wird der Beirat der gGmbH entscheiden, dem neben Otto und Beiersdorfer auch der amtierende HSV-Präsident (also aktuell Jens Meier) angehören wird. Die Geschäftsführung der gGmbH übernehmen Rando Aust, der Vorstandsvorsitzende der Alexander-Otto-Sportstiftung, sowie HSV-Vorstand Joachim Hilke.

Das sehr offen gestaltete Nachwuchszentrum wird im Erdgeschoss die Räume für die U15- bis U23-Mannschaften bieten sowie eine Mensa. Im ersten Obergeschoss finden sich die Büros der Trainer und technischen Leiter, Trainings- sowie Besprechungsräume. Im zweiten Obergeschoss sind die Appartments für die bis zu 16 Internatsschüler geplant sowie Räumlichkeiten für die Tagesbetreuung. Auf der Freifläche soll ein kleines Sportfeld entstehen. „Oder man feiert mal eine Grillparty“, scherzte Otto. Die Gesamtfläche beträgt 4600 Quadratmeter. Die Planungen schließen die Option ein, den Bau eines Tages um einen Trakt für die Profis zu erweitern, dies wäre dann aber die Kostenstelle der HSV AG.

„Ich war immer begeistert von der Idee eines integrierten Konzeptes von der U15 bis zur ersten Mannschaft“, begründete Otto sein Engagement und warb um Geduld: „Es wird sicher einige Jahre dauern, bis der HSV wieder oben steht. Wichtig ist, dass wir vom Aktionismus wegkommen, in dem die Gefahr groß ist, Fehlentscheidungen zu treffen. Ich möchte mithelfen, die Voraussetzungen zu schaffen, dass der HSV in Ruhe seine Strukturen weiter auf- und ausbauen kann.“ Eine Einbindung als strategischer Partner schloss Otto aus.

Was aber wird aus der Jubiläumsanleihe, über die der HSV 2012 17,5 Millionen Euro eingesammelt hatte? Im Wertpapierprospekt vom 8. November 2012 hieß es, dass der Nettoemissionserlös „zur Finanzierung des Infrastrukturprojekts HSV-Campus verwendet werden soll“. Doch schon damals hatte der Club darauf hingewiesen, dass „zur Realisierung des HSV-Campus eine weitere Fremdkapitalaufnahme erforderlich sein könnte“.

Mittlerweile ist bekannt, dass der Großteil der Millionen in die laufende Liquidität geflossen ist, einige Strukturmaßnahmen wie die Rasenbeleuchtung (800.000 Euro) wurden realisiert. Da zusätzlich zu dem Campus-Projekt unter anderem auch noch drei neue Fußballplätze (zwei Kunst- und ein Naturrasen) entstehen werden, plant der Club selbst mit Ausgaben in Höhe von sieben Millionen Euro. Die Herausforderung des HSV wird sein, 2019 die nötige Liquidität zu schaffen, um die Anleihegelder zurückzahlen zu können. Eine Option wäre aber auch, eine neue Anleihe aufzulegen, wie es in der Wirtschaft häufig praktiziert wird.

Nach dem Kühne-Engagement (Clubanteile und Stadionname) sowie der Spende Ottos könnte sich in den kommenden Wochen die Eigenkapitalquote weiter verbessern, wenn ein privater, bisher nicht genannter Kreditgeber sein Acht-Millionen-Euro-Darlehen in Clubanteile umwandelt.