Nach 75-jähriger Partnerschaft beendet der HSV die Zusammenarbeit mit Holsten – König Pilsener hat für acht Jahre unterschrieben

„In einem wankenden Schiff

fällt um, wer stillsteht

und sich nicht bewegt.“

Ludwig Börne, Schriftsteller

2014 wird als ein Jahr der Veränderungen in die HSV-Geschichte eingehen. Neue AG-Struktur, neue Führung – und nun auch noch ein neues Bier. So passt Börnes Spruch perfekt zum HSV: Der sportlich und finanziell in Not geratene Club scheint im Kampf ums Überleben nichts Altes mehr stillstehen lassen zu wollen. Alles ist in Bewegung, im Wandel.

Es war eigentlich nur das angekündigte Vertragsende mit einem von acht Exklusivpartnern, aber zugleich das Aus für das am längsten laufende Sponsoring der Bundesliga. Am Freitagvormittag verschickte die Holsten-Brauerei eine Mitteilung mit dem Titel: „Halbzeit: Hanseaten Holsten und HSV legen nach 75 Jahren eine partnerschaftliche Pause ein.“ Nett formuliert, faktisch ist die Beziehung zwischen Holsten und dem HSV nach dieser Saison Geschichte. Aus dem Slogan „Auf die Freundschaft“ wurde „Aus die Freundschaft“. Als neuer Partner wird von Sommer 2015 an König Pilsener (Bitburger Braugruppe) für acht Jahre das Bier im Stadion ausschenken. „Das hat uns weh getan“, gab Holsten-Chef Frank Maßen gegenüber dem Abendblatt offen zu, dass er gerne auch in Zukunft den HSV beliefert hätte. „Wir haben uns richtig langgemacht und unser Angebot an den HSV stark nachgebessert.“

Zahlte Holsten zuletzt rund 900.000 Euro (plus Erfolgsprämien) pro Jahr, so war das 2004 von Carlsberg übernommene Unternehmen bereit, diese Summe für einen neuen Fünf-Jahres-Zeitraum um „bis zu 70 Prozent“ zu erhöhen. Für den Zuschlag reichte dies jedoch nicht. „Signifikant höher“ sei die Offerte der Konkurrenz gewesen, heißt es beim HSV. Nach Informationen des Branchendienstes Sponsors zahlt Bitburger während der achtjährigen Vertragslaufzeit 15 Millionen Euro an den HSV. Laut Insidern soll diese Schätzung sogar noch zu niedrig sein und der Betrag deutlich höher liegen. „Wir geben die Hoffnung nicht auf und hoffen, bald wieder gemeinsam mit dem HSV an einem Tisch zu sitzen“, so Maßen. Holsten will nun stärker Hamburger Vereine aus dem Amateurfußball sponsern.

Die Verträge mit Arena-Namensgeber Imtech und Emirates laufen 2016 aus

„Wir wissen die außergewöhnliche und intensive Partnerschaft mit Holsten sehr zu schätzen. Für uns war und ist unser Verhältnis eine gewachsene und vertrauensvoll gelebte Kooperation“, schickte Marketing-Vorstand Joachim Hilke warme Worte an den ausscheidenden Sponsor. Und weiter: „Das Konzept von König Pilsener und die bereits vorhandene Verankerung im Norden haben uns total überzeugt“ Seit dieser Saison bestreiten beispielsweise die Herren des Harvestehuder THC mit dem Schriftzug des Bierbrauers auf ihrem Trikot ihre Spiele. Der Vertrag mit dem HSV beinhalte nicht nur das Ausschank- und Werberecht in der Imtech-Arena, sondern auch zahlreiche Kooperationen, sagte Rouven Kasper, Teamleiter von HSV-Vermarkter Sportfive.

Angesichts der vielen Negativmeldungen in der jüngeren Vergangenheit – zuletzt hatte Investor Klaus-Michael Kühne auf einen Anteilskauf verzichtet – darf der Club den lukrativen Bier-Deal als positives Indiz für sich verbuchen, dass die Marke HSV in der Werbewirtschaft noch immer zieht. Kritiker werden dem Verein vorwerfen, ein weiteres großes Stück Tradition dem schnöden Mammon geopfert zu haben. So wie beispielsweise 1995, also der Verein die Partnerschaft mit Ausrüster Adidas beendete, um sich von Uhlsport beliefern zu lassen. Erst zwölf Jahre später kehrte das Unternehmen aus Herzogenaurach wieder zum HSV zurück und verlängerte kürzlich sein Engagement bis 2024.

Der Einstieg von König Pilsener dürfte indes nur der Startschuss für weitere massive Umwälzungen auf der Sponsorenebene sein. So ist bekannt, dass Imtech lieber heute als morgen aus dem bis 2016 laufenden Vertrag für das Stadionnamensrecht aussteigen würde. Nach AOL (2001–07), der HSH Nordbank (2007–2010) und eben Imtech hat der HSV die eher zweifelhafte Ehre, bereits zum vierten Mal seine Arena umtaufen zu müssen. 25 Millionen Euro kassiert der Club während der sechsjährigen Vertragslaufzeit.

Auch die weitere Zusammenarbeit mit Emirates, die seit 2006 als Trikotsponsor die HSV-Brust zieren, steht in den Sternen. „Die sportliche Leistung muss auch stimmen“, sagte Volker Thierry Antinori, Vizechef von Emirates, im September dem Handelsblatt und kündigte an, dass es prinzipiell auch vorstellbar sei, bei einem anderen deutschen Club einzusteigen. Per Option wird der HSV den Kontrakt bis 2016 verlängern , der mit 7,5 Millionen Euro jährlich dotiert ist. Zwar laufen, wenn die Mannschaft im Januar wieder nach Dubai reist, die Verhandlungen weiter, mit einem baldigen Neuabschluss rechnet beim HSV aber niemand.

Möglich, dass sich der Verein von 2015 an ebenfalls einen neuen „Gesundheitspartner suchen" muss. Der Vertrag mit der Techniker Krankenkasse, die seit 2008 beim HSV engagiert ist und wie Holsten den Status Exklusivpartner genießt, endet bereits 2015. Noch werde geprüft, heißt es in dem Unternehmen – was allerdings auch für anderweitige Sponsorings gilt. Klingt nach Wechsel.

Was die Fans aber vor allem interessieren dürfte, ist der künftige Bierpreis, der aktuell bei 4,20 Euro für den halben Liter liegt. Eine Erhöhung sei nicht geplant, ist beim HSV zu hören. Wenigstens eine Konstante in diesen Tagen.