Der HSV kann den Fans am Sonnabend und Sonntag beim Telekom Cup keine weiteren Zugänge präsentieren. Marcell Jansen, dessen Vertragsverhandlungen noch offen sind, ist dennoch optimistisch.

Hamburg. Nanu, wer ist denn das? Ein fremdes Gesicht beim HSV-Training! Doch leider war die Erscheinung am Rande des Platzes kein neuer Topstar, sondern der Vorstandsvorsitzende selbst, Dietmar Beiersdorfer. Dieser hatte sich bisher bei den Übungseinheiten nicht in Mannschaftsnähe gezeigt. „Ich hab mir auch schon vorher ein Training angeguckt, mich aber versteckt gehalten“, ließ er verlauten. Am Freitag tauchte Beiersdorfer aber auf dem Gelände auf und vertiefte sich anschließend in ein fast halbstündiges Gespräch mit Trainer Mirko Slomka. „Wir haben uns ausgetauscht und uns auf den aktuellen Stand gebracht“, sagte Beiersdorfer – doch dieser dürfte Slomka nicht gefallen.

Denn zum ersten richtigen Härtetest gegen den VfL Wolfsburg im Zuge des Telekom Cups am Sonnabend (18.30 Uhr/Sat1 und Liveticker auf abendblatt.de) in der Imtech-Arena wird der Coach mit den Spielern vorlieb nehmen müssen, die er auch am Freitag scheuchte. Nach jetzigem Stand wird in der kommenden Woche ins Trainingslager nach Österreich ebenfalls kein neuer Spieler mitfahren – und auch keiner vorher abgegeben. Beiersdorfer sprach am Donnerstag zwar mit dem Berater von Per Skjelbred, doch die anfangs vom Norweger so begeisterte Hertha hat nach wie vor kein konkretes Angebot hinterlegt.

Die Verhandlungen stocken weiter, dafür läuft die Vorbereitung mit dem vorhandenen Spielermaterial wie gewünscht. „Wir sind voll im Plan. Im Gegensatz zu den letzten beiden Vorbereitungen haben wir in diesem Sommer schon eine gute Basis gelegt“, sagt Marcell Jansen. Vor allem, dass sein Team bisher weitgehend von Verletzungen verschont geblieben ist, macht dem Linksverteidiger Hoffnung. Gegen Wolfsburg ist Jansen guter Dinge: „Wir werden frisch sein und wollen vor unseren Fans Gas geben. Andererseits liegt der Fokus natürlich weiterhin auf dem Saisonstart. Ich weiß nicht, wie viele Vorbereitungsturniere wir in meinen sechs Jahren beim HSV schon gewonnen und danach eine dürftige Saison gespielt haben.“

Einen Vorteil müsste der HSV auf jeden Fall haben: Der Gegner aus Wolfsburg stieg fast drei Wochen später ins Training ein. Dementsprechend groß ist der Respekt bei VfL-Trainer Dieter Hecking. „Ich erwarte einen sehr engagierten HSV nach dem ganzen Wirbel in der Vorbereitung“, sagte der Coach und sprach von einer „anspruchsvollen Aufgabe“. In die Karten gucken lassen will er sich aber nicht. „Wir werden noch etwas experimentieren, und noch nicht die Startelf aufbieten, die zum ersten Saisonspiel gegen die Bayern antreten wird“, sagte Hecking, der in Hamburg auf die Neuzugänge Aaron Hunt (Bremen) und Sebastian Jung (Frankfurt) zurückgreifen kann. Eine ganze Reihe von Stars wird den Niedersachsen allerdings fehlen: Kevin de Bruyne, Luiz Gustavo, Diego Benaglio, Vieirinha und Ricardo Rodriguez werden aufgrund ihrer WM-Teilnahme gegen den HSV genauso fehlen wie Bas Dost, Patrick Ochs und Felipe aufgrund von Verletzungen.

Auch das zweite Halbfinale zwischen dem FC Bayern und Borussia Mönchengladbach (20.30 Uhr) wird für die Fans eine kleine Mogelpackung. Weil dem Rekordmeister zehn Stars fehlen, hat Trainer Pep Guardiola vor dem Turnier den personellen Notstand ausgerufen. „Wir haben Probleme“, sagte der Spanier. „Es ist die Zeit, etwas zu probieren. Wir haben nicht so viele Spieler, dann werden wir eben mit Gianluca Gaudino oder Lucas Scholl spielen“ – den Söhnen der bekannten Ex-Profis Maurizio Gaudino und Mehmet Scholl.

Denn beim Telekom Cup fehlen Guardiola nicht nur die sechs deutschen Weltmeister. Auch Arjen Robben, Dante, Xherdan Shaqiri und der verletzte Thiago werden noch nicht wieder für die Bayern auflaufen. Immerhin kann mit Robert Lewandowski ein sehr prominenter Neuzugang sein Können zeigen, ebenso wie die anderen Verpflichtungen Sebastian Rode und Juan Bernat. Auch Superstar Franck Ribéry steht nach wochenlanger Verletzungspause wieder im Kader und könnte in Hamburg sein Comeback geben. „Franck hat einen guten Rhythmus. Er hat zwei, drei Trainingseinheiten hinter sich gebracht. Ich denke, dass er einige Minuten spielen kann“, sagte Guardiola, der dem Turnier nicht den ganz großen sportlichen Wert beimisst.

Beim Gegner aus Mönchengladbach sind gleich fünf Neue dabei. Der belgische Leihnationalspieler Thorgan Hazard vom FC Chelsea wird in Hamburg ebenso auflaufen wie Fabian Johnson, André Hahn, Ibrahima Traoré und Yann Sommer.

Der Zuschauerzuspruch hat nochmal angezogen: Knapp 40.000 Fans werden an beiden Tagen erwartet. Und egal wie der HSV gegen Wolfsburg spielt, am Sonntag folgt in jedem Fall ein zweiter Auftritt des Bundesliga-Dinos: Entweder im Spiel um Platz drei (16.30 Uhr) oder im Finale (18.15 Uhr). „Auch ohne große Neuzugänge denke ich, dass wir einen Schritt nach vorne gemacht haben“, prognostiziert Jansen. „Das muss auch für jeden von uns der eigene Anspruch sein.“ Spätestens beim Bundesliga-Auftakt in Köln in vier Wochen wird sich zeigen, ob die HSV-Profis ihren eigenen Ansprüchen auch gerecht werden.