Der HSV-Torhüter spricht über seinen Konkurrenten Adler, die Ersatzbank-Rolle und sein langes Schweigen gegenüber den Medien.

Hamburg. Jaroslav Drobnys Vertragsverlängerung sorgte im Mai für großen Wirbel. Der Aufsichtsrat des HSV lehnte den vom damaligen Sportchef Frank Arnesen ausgehandelten neuen Kontrakt zunächst ab – ein weiterer Grund für Arnesens Sturz. Der Tscheche selbst lehnte jede öffentliche Stellungnahme dazu ab, wie immer in den vergangenen anderthalb Jahren. Gegenüber dem Abendblatt bricht der Tscheche jetzt sein Schweigen.

Hamburger Abendblatt: Herr Drobny, können Sie spontan einen Witz erzählen?

Jaroslav Drobny: Warum soll ich einen Witz erzählen?

Es heißt immer, Sie seien so ein lustiger Kerl innerhalb der Mannschaft. In der Öffentlichkeit bekommt man davon aber kaum etwas mit.

Drobny: Ich spreche eben nicht mit jedem (lacht).

Bei Medien ist für Sie tatsächlich Schluss mit lustig. Warum haben Sie seit anderthalb Jahren persönlich kein Interview mehr gegeben?

Drobny: Ich mag es nicht, zwischen Tür und Angel irgendwelche Fragen gestellt zu bekommen, wenn ich nicht konzentriert bin. Vieles von dem, was ich dann geantwortet habe, wurde völlig aus dem Zusammenhang gerissen. Ich bin dann dazu übergegangen, Fragen nur noch per E-Mail zu beantworten in Verbindung mit unserer Pressestelle.

Umso mehr freuen wir uns, dass wir hier ganz altmodisch beim Espresso offline mit Ihnen reden können. Gab es denn einen konkreten Anlass, als Sie entschieden haben, öffentlich keine Fragen mehr zu beantworten?

Drobny: Nein. Aber ich gebe Ihnen noch ein Beispiel, warum ich manchmal ungern mit Journalisten rede: Gestern hatte ich 20 Anrufe aus Griechenland, weil irgendein Journalist aus Thessaloniki mit mir reden wollte, nachdem die dortige Mannschaft einen Tschechen verpflichtet hat. Ich habe ihm per SMS geschrieben, dass ich nicht über andere sprechen möchte. Doch er hat immer weiter genervt, bis es mir irgendwann gereicht hat. Ich habe ihm dann eine Nachricht geschickt, die Sie in Ihrer Zeitung lieber nicht wortwörtlich abdrucken sollten.

Vergleichbares ist in Hamburg ja aber nie passiert. Haben Sie sich vor knapp zwei Jahren, als Sie einen sehr unglücklichen Saisonstart hatten, ungerecht behandelt gefühlt?

Drobny: Ich kann mit Kritik schon umgehen, aber am meisten ärgere ich mich nach einem Fehler über mich selbst. Ich könnte dann durchdrehen. Auch deswegen war es vielleicht für alle besser, als ich nach dem Spiel manchmal keine Interviews mehr gegeben habe.

Seit René Adler als Nummer eins verpflichtet wurde, sind Sie ohnehin ein wenig aus dem Fokus verschwunden. War die Verpflichtung Adlers für Sie hart?

Drobny: Natürlich war ich am Anfang enttäuscht, das ist doch normal. Aber ich konnte mich dann gut mit der Situation arrangieren, weil Trainer Thorsten Fink immer mit offenen Karten gespielt hat. Er hat mir sehr ehrlich gesagt, was er denkt und wie meine Perspektive ist.

Ehrlichkeit kann manchmal schmerzen.

Drobny: Das stimmt. Und wenn ich noch 27 Jahre alt gewesen wäre, dann hätte es mir wahrscheinlich auch noch sehr viel mehr wehgetan. Aber ich bin jetzt 33 Jahre alt, da sollte man mit der Wahrheit umgehen können.

Was macht einen guten Ersatztorhüter aus?

Drobny: Der Erfolg der Mannschaft muss über den eigenen Interessen stehen. Ich schätze René sehr, und ich freue mich, wenn er gut hält. Das meine ich ganz ehrlich.

Weil Sie akzeptieren, dass René Adler besser ist?

Drobny: Ich spreche ungern über Kollegen. Aber natürlich ist René ein toller Torhüter, der bestimmt mit Deutschland zur WM in Brasilien fahren wird.

Träumen Sie auch noch von der WM-Teilnahme mit Tschechien?

Drobny: Das ist ein Traum, obwohl es aus mehreren Gründen sehr schwierig wird. Zum einen ist Tschechien derzeit nur Dritter in der Qualifikation. Zum anderen hat es meine Chancen in der Nationalmannschaft nicht gerade erhöht, als ich beim HSV als Ersatztorhüter verlängert habe.

Ihre Zeit in Hamburg lief ganz anders als geplant. Sie wurden als Nummer eins verpflichtet, mussten dann aber ein Jahr hinter Frank Rost als Nummer zwei auf die Bank. Dann gab es viel Kritik, als Sie schließlich im Tor standen. Und dann wurde auch noch Adler verpflichtet. Warum wollten Sie trotzdem unbedingt beim HSV bleiben?

Drobny: Dieser Verein ist schon etwas Besonderes. Diese Choreografie vor dem Jubiläumsspiel gegen Hannover 96 werde ich zum Beispiel nie vergessen. Zudem fühle ich mich auch privat sehr wohl in Hamburg. Mein Sohn geht hier in die Schule – und ich wollte auch nicht, dass er jedes Jahr wechseln muss.

Ihre Vertragsverlängerung wurde öffentlich diskutiert, nachdem der Aufsichtsrat zunächst ein Veto eingelegt hatte.

Drobny: Ich hatte nicht den Eindruck, dass das ein Veto gegen meine Person war. Unser Präsident Carl Jarchow hat mir gesagt, dass ich die Nerven behalten solle und sich alles regeln würde.

Ursprünglich sollte im Vertrag eine Weiterbeschäftigung als Torwarttrainer fixiert werden, wogegen sich der Aufsichtsrat ausgesprochen hat. Würden Sie trotzdem nach Ihrer Karriere gerne beim HSV als Trainer bleiben?

Drobny: Ich kann mir das auf jeden Fall gut vorstellen. Ich mache schon seit einem Jahr meinen A-Lizenz-Schein in Tschechien. Wir sind eine Gruppe von sechs Nationalspielern, die rund um die Länderspiele für die A-Lizenz lernt.

Wann werden Sie damit fertig sein?

Drobny: Drei Viertel habe ich schon geschafft, wahrscheinlich werde ich noch in diesem Jahr fertig. Ich müsste dann nach meiner Karriere zwei Jahre lang eine Mannschaft trainieren, dann könnte ich mich für die Uefa-Pro-Lizenz bewerben.

Ihr Kumpel David Jarolim soll nach seiner Karriere ebenfalls als Jugendtrainer zum HSV zurückkommen. Wäre es nicht toll, mit ihm zusammen eine Mannschaft beim HSV zu übernehmen?

Drobny: Das klingt schon reizvoll, aber so weit will ich eigentlich nicht in die Zukunft schauen. Ich spiele ja noch zwei Jahre Fußball, was danach ist, weiß ich noch nicht.

Eine ernsthafte Option war vor einem Jahr auch ein Wechsel zum FC Bayern. Haben Sie sich damals eigentlich geärgert, dass der Wechsel gescheitert ist?

Drobny: Ein paar Tage lang habe ich mich schon geärgert, ich habe auch mit Frank Arnesen darüber gesprochen. Aber irgendwann war dieses Thema durch. Ich bin dann beim HSV geblieben – und das habe ich nicht bereut.

Letzte Frage: Haben Sie Ihr erstes Interview nach so langer Zeit bereut?

Drobny: Es war okay, aber das müssen wir nicht jeden Tag machen. (lacht)