Der HSV plant, sich schon vor dem Saisonende vom abschiedswilligen Trainer Armin Veh zu trennen. Kommt Rangnick? Oder Dutt aus Freiburg?

Hamburg. Die Trainerwechselstimmung in der Bundesliga nimmt nicht für möglich gehaltene Ausmaße an. In München ist die vorzeitige Trennung vom noch vor Kurzem so bejubelten "Feierbiest" Louis van Gaal nach der Saison fix. Auch der VfL Wolfsburg sucht bereits einen Nachfolger für Zwischenlösung Pierre Littbarski, während sich Jupp Heynckes ziert, seine Vertragsverlängerung bei Bayer Leverkusen perfekt zu machen. Ob Michael Skibbe seinen Vertrag bei Krisenklub Eintracht Frankfurt erfüllen darf, ist offen. Fest steht seit gestern nur, dass Felix Magath trotz eines Vertrages bis 2013 spätestens nach dem Ende dieser Serie Schalke 04 verlassen muss.

Im Fanlager des HSV reagierte man auf die bevorstehende Trennung geradezu euphorisch. Bei einer Abstimmung im Internet stimmten von 3500 Abendblatt-Usern (Stand gestern Abend) 48 Prozent dafür, dass der Europapokalsieger von 1983, der auch als Manager (1986-88) und Trainer (1995-97) für den Klub tätig war, ein Comeback in Hamburg feiert. Tatsächlich steht Magath grundsätzlich einer Rückkehr nicht abgeneigt gegenüber, ob als Trainer oder als Vorstandsvorsitzender. Schon im Sommer des vergangenen Jahres führte Magath Gespräche mit dem damaligen Aufsichtsratsvorsitzenden Horst Becker.

Hauptverantwortlich für die Installation des Nachfolgers von Armin Veh, der erst am Dienstag erklärt hatte, dass er von der Option für ein weiteres Jahr beim HSV keinen Gebrauch machen wolle, ist der designierte Sportchef Frank Arnesen. Der Däne, der noch bis Ende Juni bei Chelsea unter Vertrag steht, hält bereits jetzt die Fäden in der Trainerfrage in der Hand und führte etliche Sondierungsgespräche, natürlich in Abstimmung mit Bernd Hoffmann, der sich derzeit im Skiurlaub aufhält und sich noch nicht geäußert hat, wie er sich nach seiner im Aufsichtsrat gescheiterten vorzeitigen Vertragsverlängerung verhalten soll.

Eine neue Amtszeit Magaths gilt jedoch als sehr unwahrscheinlich, schließlich sucht der HSV keinen zweiten so dominanten Mann neben Arnesen, wie es Magath zweifellos wäre. Im Umfeld des Klubs verdichten sich jedoch durchaus Hinweise, dass der Vorsitzende, dessen Vertrag am Jahresende ausläuft, und andere Teile der Klubführung alles andere als passiv sind. So deutet es sich an, dass man beim HSV nach der Abschiedsbekundung Vehs nicht erst bis Saisonende mit einem Wechsel warten will, was sich auch mit dem sich rasant entwickelnden Trainermarkt erklärt. Wer zu spät bei den Toptrainern zugreift, müsste sich eben mit der zweiten Kategorie zufrieden geben.

Hoch gehandelt unter den deutschen Trainern wird neben Freiburgs Robin Dutt (jetzt auch bei Schalke im Gespräch) vor allem Ralf Rangnick, nicht nur beim HSV, sondern auch in Wolfsburg. In Kürze dürfte mit Schalke, wo er schon in der Saison 2004/05 arbeitete, ein neuer Interessent hinzukommen. Der 52-Jährige trat an Neujahr als Hoffenheim-Trainer nach Meinungsverschiedenheiten mit Mäzen Dietmar Hopp zurück. So hatte sich Rangnick mit Nachdruck gegen einen Verkauf des Brasilianers Luiz Gustavo gewehrt. Eigentlich hatte Rangnick (ihn bevorzugten bei der Abstimmung nur 19 Prozent der Abendblatt-Leser) erklärt, dass er erst zur kommenden Saison wieder einen Verein übernehmen wolle.

Sollte der HSV jedoch auch das Nord-Süd-Duell bei Bayern München (Sonnabend, 15.30 Uhr) verlieren, würden die Chancen auf das Erreichen der Europa League auf ein Minimum sinken und ein neuer Trainer könnte die Chance erhalten, in den restlichen Spielen seine Mannschaft kennenzulernen, um so besser die anstehenden Personalentscheidungen - schließlich laufen acht Verträge aus - kommentieren und mitgestalten zu können.

Die sofortige Einstellung Rangnicks - es gibt sogar Gerüchte, dass der Schwabe schon vor dem Bayern-Spiel antreten könnte - hätte für die Klubführung den Vorteil, das im öffentlichen Bild eines sich zersetzenden Klubs, in dem viele Führungspositionen neu zu besetzen sind, zu korrigieren, ein Neuanfang könnte gestartet werden. Schließlich wäre so nach der Vertragsunterzeichnung von Frank Arnesen ein weiterer wichtiger Posten besetzt.

Von einer Beruhigung in der Trainerfrage könnten womöglich auch Bernd Hoffmann und Katja Kraus profitieren - und von einer außerordentlichen Mitgliederversammlung, die von einem Teil der Mitgliedschaft derzeit angestrengt wird. Wenn tatsächlich ein neuer Aufsichtsrat gewählt würde, könnte es doch noch zu einer Zwei-Drittel-Mehrheit kommen. Viel Zuspruch erhält der HSV-Chef auch im Internet und per E-Mails, die den Verein erreichen. Doch das ist Zukunftsmusik.

Gestern Abend lud der HSV fristgemäß zur Pressekonferenz vor dem Bayern-Spiel ein - mit Armin Veh. "Ich gehe davon aus, bis Saisonende Trainer zu bleiben", glaubt dieser. Doch angesichts des immer heißer laufenden Trainermarktes in der Bundesliga könnte diese Aussage nur eine begrenzte Haltbarkeitsdauer haben. Eine sehr begrenzte.