Der Boss des HSV-Kontrollgremiums, Horst Becker, blickt auf das Fußballjahr 2009 zurück und gibt einen Ausblick auf 2010.

Hamburg. Bevor sich Horst Becker an den Tisch im Elysee-Hotel setzt, muss der Aufsichtsratchef des HSV noch einige Hände im Café schütteln. Ein "Hallo" hier, ein "Wie geht's?" dort. Man kennt sich. Ein paar Sekunden später bestellt Becker einen Cappuccino und erzählt, dass seine Enkel noch immer an den Weihnachtsmann glauben. Dann kommt er zur Sache - und spricht über die Suche nach einem neuen Sportchef.

Abendblatt: Herr Becker, was wünschen Sie sich für das Jahr 2010?

Horst Becker: Gesundheit. Und auch dem HSV wünsche ich nach dem Verletzungspech der vergangenen Monate vor allem Gesundheit. Ich habe gerade von meinem Bruder zu Weihnachten ein gerahmtes Interview mit mir aus dem Jahr 1985 mit der Überschrift "Ich wünsche dem HSV Gesundheit" bekommen. So viel hat sich in den vergangenen Jahren also nicht geändert.

Abendblatt: War 2009 ein Sekt- oder ein Seltersjahr für den HSV?

Becker: Wirtschaftlich war es das beste Jahr der HSV-Geschichte, sportlich war es ein sehr gutes Jahr - sofern wir den schmerzhaften Mai mit den Werder-Spielen ausklammern.

Abendblatt: Mit Ihrer Arbeit als Aufsichtsratsvorsitzender sind Sie in den vergangenen zwölf Monaten rundum zufrieden?

Becker: Mit der erfolgreichen Mitgliederversammlung im vergangenen Jahr startete das Jahr positiv, aber natürlich gab es auch weniger schöne Momente.

Abendblatt: Welche?

Becker: Zunächst mal der unschöne Abgang von Martin Jol, anschließend die Demission Dietmar Beiersdorfers und schließlich auch die schwierige Suche nach einem Nachfolger.

Abendblatt: Haben Sie Beiersdorfer Weihnachtspost geschickt?

Becker: Nein, aber wir haben noch vor ein paar Wochen telefoniert.

Abendblatt: Beiersdorfer hat unlängst kritisiert, dass man noch immer nicht seinen Nachfolger gefunden hat. Hat er recht?

Becker: Zu seinen Aussagen möchte ich mich eigentlich nicht äußern. Das Einzige, was ich richtigstellen will, ist, dass ich nie gesagt habe, dass wir keinen neuen Sportchef brauchen. Ich habe lediglich gesagt, dass wir das letzte halbe Jahr auch ohne Sportchef gut überstanden haben.

Abendblatt: Haben Sie sich über seine Aussagen geärgert?

Becker: Als Außenstehender sollte man sich grundsätzlich etwas bedeckt halten. Generell ist es kein schöner Stil nachzukarten. Wir machen das nicht, und auch Didi sollte das lieber unterlassen.

Abendblatt: Werfen Sie sich im Nachhinein Fehler vor?

Becker: Natürlich habe auch ich Fehler gemacht. Rückblickend wäre es einfacher gewesen, wenn ich gesagt hätte: "Didi, rauf dich wieder mit Bernd Hoffmann zusammen!" Am Ergebnis hätte das wohl nichts geändert. So aber wirkte der Aufsichtsrat wie der große Verlierer - ähnlich wie bei dem geplatzten Showdown zwischen Oliver Kreuzer und Roman Grill im September.

Abendblatt: War dieser 1. September, als Beiersdorfers Nachfolger gekürt werden sollte, der schwierigste Tag des Jahres für Sie?

Becker: Der Tag war genauso unschön wie der Tag, an dem Didi Beiersdorfer seinen Abschied verkündet hat. Es war falsch, dem Aufsichtsrat zwei Kandidaten zu präsentieren. Aber aus Fehlern lernt man.

Abendblatt: Der Aufsichtsrat besteht aus zwölf Mitgliedern, von denen vier im Personalausschuss für die Suche nach einem Beiersdorfer-Nachfolger verantwortlich sind. Ist das in so einem aufgeblähten Gremium praktikabel?

Becker: Dieser Aufsichtsrat ist definitiv zu groß. Alle Mitglieder haben große Kompetenzen, aber mit zwölf Mitgliedern ist man nur bedingt handlungsfähig. Ich halte es für sinnvoll, den Rat auf sieben bis neun Mitlieder zu verkleinern. Außerdem ist es problematisch, dass wir alle zwei Jahre sechs Räte neu wählen müssen. So befindet man sich permanent im Wahlkampf. 2010 sollte es das Ziel sein, über eine Reform der Strukturen nachzudenken.

Abendblatt: Was sind die weiteren Ziele? Ein neuer Sportchef ...

Becker: ..., über den ich mich in den Medien nicht äußern werde. Nur so viel: Wir werden unsere sportliche Kompetenz im Verein verstärken. Wer, wann und in welcher Form, wird man sehen.

Abendblatt: Heißt das, dass ein Sportchef nicht zwangsläufig dem Vorstand angehören muss?

Becker: Nicht zwangsläufig.

Abendblatt: Und es hat nach wie vor außer Oliver Kreuzer kein Kandidat abgesagt?

Becker: Niemand.

Abendblatt: Nicht mal Horst Heldt?

Becker: Es bleibt dabei: Namen werde ich nicht kommentieren.

Abendblatt: Es ist doch bekannt, dass Heldt kontaktiert wurde. Geben Sie uns recht, dass er sich nun beim VfB, wo er ja immer noch unter Vertrag steht, in eine schwierige Lage gebracht hat?

Becker: Natürlich ist er in keiner einfachen Lage. Aber das ist doch ein grundsätzliches Problem, wenn wir mit Leuten verhandeln, die unter Vertrag sind. Umgekehrt gibt es nicht viele gute Bewerber, die gerade frei sind.

Abendblatt: Einen Vertrag hat auch Jerome Boateng. Muss man sich trotzdem sorgen, dass er bald nicht mehr beim HSV spielt?

Becker: Boateng kann im Sommer eine Ausstiegsklausel ziehen. Deshalb müssen wir alles tun, um diesen talentierten und erstklassigen Fußballer möglichst lange zu halten. Das wird nicht einfach, aber ich bin optimistisch.

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