Nach Benjamin fällt nun auch Guerrero mit Kreuzbandriss aus. Beim Länderspiel in Venezuela verletzte er sich - und fehlt acht bis zehn Monate.

Hamburg. Als Bruno Labbadia gestern Mittag Richtung Nordbank-Arena zum Training fuhr, wusste er noch nicht, was ihn erwarten würde. "Mir war nur mitgeteilt worden, dass er sich verletzt hatte", so der Trainer. Als Labbadia wenig später dann hörte, wie schlimm sich sein Topangreifer Paolo Guerrero in der Nacht zum Donnerstag tatsächlich verletzt hatte, wollte er es zuerst nicht glauben. "Wir werden Paolo nach seiner Ankunft hier noch mal untersuchen lassen", so der Trainer, der sich dann doch eingestand: "Es ist ein Schock. Paolo hat bei uns die meisten Tore erzielt, ist als Führungsmann immer besser geworden. Er ist für die Mannschaft ein Schwergewicht - und so ein Ausfall schmerzt."



Und wie. Nach der Auswertung einer ersten Kernspintomografie, die dem HSV gestern Vormittag per Fax von dem peruanischen Mannschaftsarzt weitergeleitet wurde, ist bei Guerrero voraussichtlich das vordere Kreuzband gerissen und das hintere stark beschädigt. Wie stark, konnten die Kluboffiziellen bisher nicht klären, da der Bericht handschriftlich und schwer leserlich verfasst ist. Eine zweite Kernspintomografie in Hamburg soll Klarheit bringen.


Doch egal, was die heutige Untersuchung bringt, die Saison dürfte für Guerrero gelaufen sein. "Ich habe im Fußball nicht einen Fall miterlebt, wo beide Kreuzbänder zugleich gerissen sind", zeigt sich der praktizierende ehemalige HSV-Mannschaftsarzt Gerold Schwartz geschockt, "da müssen brutale Kräfte gewirkt haben. Wie bei einem bösen Skiunfall." Zwar müsse nicht davon ausgegangen werden, dass sich durch einen doppelten Kreuzbandriss auch die Rehabilitationszeit verdoppele, aber klar sei, dass bei einer heutigen Bestätigung der ersten Diagnose "zwischen acht und zehn Monate Pause" einzuplanen seien, wie Schwartz ausführte. "Bei einer konservativen Rehabilitationsphase würde er nach sechs Monaten wieder laufen und zwei Monate später wieder ins Mannschaftstraining einsteigen", so der ehemalige HSV-Arzt.


Bis dahin muss sich der HSV anders behelfen. Das weiß auch Labbadia. "Wir brauchen nun eine 'Jetzt-erst-recht-Stimmung' in der Mannschaft", fordert der Coach, "jetzt müssen die jüngeren Spieler in die Spur kommen." Und eben Marcus Berg, der schon morgen gegen Stuttgart erstmals in der Startelf stehen dürfte."Marcus zählt zum Stamm und kann jetzt beweisen, wie weit er ist", so Labbadia, der auch eine Umschulung der pfeilschnellen Außenspieler Jonathan Pitroipa ("Die Position kann ich") und Eljero Elia ankündigt: "Auch sie müssen einspringen können. Wir müssen die entstandene Last auf mehreren Schultern verteilen."


Zwei Schultern, die hätten helfen können, sind die von Eric Maxim Choupo-Moting, der jüngst wegen fehlender Perspektive in Hamburg nach Nürnberg verliehen wurde. Im Nachhinein ein Fehler? "Nein", verteidigt Labbadia die Entscheidung, "wir mussten sehen, wo er sich am besten entwickeln kann. Und wenn das hier nicht geht, dann eben woanders. Deshalb ärgert mich die Entscheidung auch nicht."


Ärgern darf sich Guerrero, dessen Vertrag am Saisonende ausläuft, das letzte, deutlich verbesserte Vertragsangebot des HSV kürzlich ausgeschlagen zu haben. Denn unter den jetzigen Bedingungen dürfte es für den 25-Jährigen schwierig werden, einen neuen Klub zu finden, der seine zuletzt geforderten 4,5 Millionen Euro Jahresgehalt zahlt.

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