Ob Bernd Hoffmann und Dietmar Beiersdorfer weiter zusammenarbeiten werden, ist völlig offen.

Hamburg. Der Gipfel der Bosse stieg ab 20 Uhr. Die Aufsichtsräte Horst Becker, Ernst-Otto Rieckhoff, Alexander Otto und Bernd Enge tagten mit dem Vorsitzenden Bernd Hoffmann und Sportchef Dietmar Beiersdorfer, nachdem der Streit um die Kompetenzen in der vergangenen Woche eskaliert war (das Abendblatt berichtete).

Bis in den späten Abend wurde in Ottos Haus in Poppenbüttel diskutiert, wie und ob eine weitere Zusammenarbeit möglich ist. Zwei Bodyguards schirmten den Eingang des Gebäudes ab, das in einer abgelegenen Straße mit vielen noblen Villen liegt.

Um 22.56 Uhr trat dann der Aufsichtsratsvorsitzende Horst Becker, der erst am Mittag von seiner Reise aus New York zurückgekehrt war, an die Öffentlichkeit und verkündete, dass es noch zu keinem Ergebnis gekommen sei: "Es war ein sehr offenes Gespräch. Aber auch wenn ich Sie enttäuschen muss: Wir werden weitere Gespräche führen."

Von seiner Überzeugung, die Becker noch vor wenigen Tagen geäußert hatte, dass die Differenzen zwischen den verfeindeten Vorständen bald ausgeräumt sein könnten, war allerdings nicht mehr viel zu spüren, im Gegenteil: Der Aufsichtsrats-Chef wirkte eher desillusioniert.

Mit einer weiteren Aussage ("Es war ein offenes Gespräch und auch emotional") ließ Becker anklingen, dass die Atmosphäre zum Teil sehr hitzig war. "Aber dafür war der Kreis auch klein genug."

Ob einer der beiden Streithähne seinen Rücktritt erklären könnte? "Nein, den Eindruck habe ich nicht." Die Frage, ob eine weitere Zusammenarbeit im jetzigen Vorstand vorstellbar sei, wollte Becker aber nicht beantworten: "Dazu gebe ich keinen Kommentar ab."

Kurze Zeit später, um 23.16 Uhr, verließen dann Hoffmann und Beiersdorfer gemeinsam das Gelände: Der Sportchef saß auf dem Beifahrersitz im Audi des Vorsitzenden. Einen Kommentar wollten sie aber nicht abgeben.

Der Machtkampf beim HSV geht also in die nächste Runde, doch klar ist, dass das Thema schnell vom Tisch soll. Schließlich muss der Klub handlungsfähig bleiben, wichtige Entscheidungen wie die Kaderplanung für die Saison stehen an.

Noch in dieser Woche, kündigte Becker an, werden die Gespräche wieder aufgenommen: "Diese Situation kann kein Dauerzustand sein. Aber wir müssen mindestens noch einmal sprechen."

Im Laufe des Dienstags will Becker erst die anderen Aufsichtsräte über den Stand der Diskussionen informieren.

Auch Hoffmann und Beiersdorfer haben die Gelegenheit, in sich zu gehen, alles sacken zu lassen und für sich zu entscheiden, ob sie es noch einmal gemeinsam versuchen wollen.

Ob eine tragfähige Lösung gefunden werden kann oder aber allenfalls ein fauler Frieden herauskommen kann, der bei der nächsten Krise wieder in einen offenen Streit ausartet, ist die Frage. Fest steht, dass es Monate dauern wird, bis die verloren gegangene Vertrauensbasis wiedergefunden werden kann.

Beiersdorfers Vertrag läuft noch eineinhalb Jahre, bis zum 31. Dezember 2010, der Kontrakt von Hoffmann exakt ein Jahr länger. Es dürfte so oder so unruhig bleiben: Schon in der Vergangenheit kamen immer wieder Gerüchte auf, wonach der in den Aufsichtsrat gewählte ehemalige HSV-Profi Sergej Barbarez Beiersdorfers Nachfolger werden könnte. Bei der Umfrage des Abendblatts im Internet ( www.abendblatt.de ) waren die über 3000 Teilnehmer gespalten. Ein Indiz dafür, dass sich viele Fans wünschen, dass es eine gemeinsame Zukunft der Vorstände gibt.

Dass ihre Zusammenarbeit fruchtbar ist, haben Hoffmann und Beiersdorfer seit 2003 eindrucksvoll bewiesen: sei es mit dem sportlichen Aufschwung, den modernisierten Vereinsstrukturen oder der verbesserten Verankerung des Vereins in der Stadt.

Wenn das Duo auf das Erreichte zurückschaut, müsste Hoffmann und Beiersdorfer klar sein, dass sie ein gutes Fundament gelegt haben, um den HSV weiter nach oben zu führen - und ihr Werk mit einem Titel zu vollenden. Vorausgesetzt, sie sind bereit, ihre eigenen Interessen zurückzustellen und sich zum Wohl des HSV zu besinnen.