Portugal fordert den Welt- und Europameister Spanien heraus. Superstar Cristiano Ronaldo bekommt es dabei mit seinen Teamkollegen von Real Madrid zu tun.

Donezk/Opalenica. Portugals Superstar Cristiano Ronaldo hat die Fans in seiner Heimat noch einmal auf das EM-Halbfinale am Mittwochabend gegen den großen Nachbarn und Rivalen Spanien eingeschworen. "Ob zu Hause, zusammen mit Freunden oder im Stadion: Morgen stehen wir alle zusammen. Força Portugal!“, schrieb der 27-Jährige am Abend vor dem Spiel in Donezk bei Twitter und Facebook. Die Portugiesen können gegen Spanien zum zweiten Mal nach 2004 ein EM-Endspiel erreichen.

Portugals Superstar Cristiano Ronaldo geht aber locker in das EM-Halbfinale gegen Spanien. "Mit den Jahren kann man mit bestimmten Situationen besser umgehen“, sagte der 27-Jährige am Dienstag auf uefa.com. "Ich verspüre im Moment keinen Druck, gegen Spanien oder irgendein anderes Team zu spielen, weil es ein Teil meines Lebens ist“, erklärte er weiter und ergänzte: "Ich mache das jetzt schon seit zehn Jahren und habe mich daran gewöhnt. Ich sehe mich immer in der Verantwortung, aber Druck verspüre ich nicht viel.“

Ronaldo trifft mit Portugal am Mittwoch (20.45 Uhr/ZDF und im Liveticker auf abendblatt.de) in Donezk auf die favorisierten Spanier. Angesprochen auf seine schwächeren ersten beiden Begegnungen bei dieser Europameisterschaft, antwortete der Spieler von Real Madrid: "Die Wahrheit ist, dass ich mich die ganze Zeit gut gefühlt habe. Die Mannschaft hat immer besser gespielt, und ich habe auch immer besser gespielt.“ Das Team habe eine große mentale Stärke gezeigt. "Von daher wusste ich, dass die Tore irgendwann fallen würden. Glücklicherweise konnte ich meinen Teil dazu beitragen.“

Unterschätzen will selbst der große Cristiano Ronaldo den Weltmeister aus Spanien nicht und hat großen Respekt. "Das wird eine harte Schlacht“, sagte Portugals Superstar vor dem ersten EM-Halbfinale. Neben allem Prestige kommt für den 27-Jährigen selbst noch hinzu, dass der Weg zum ersehnten ersten Titel mit Portugals Nationalelf ausgerechnet über seine Kumpels von Real Madrid führt. Ronaldo gegen Sergio Ramos oder Ronaldo gegen Xabi Alonso – das gibt es sonst nur in den Trainingsspielchen beim spanischen Rekordmeister.

"Es wird sehr schwer für uns, weil Spanien eine großartige Mannschaft hat“, sagte Ronaldo vor diesem Halbfinale. "Aber gerade weil es gegen Spanien geht, haben wir auch keinen Druck.“

Auf sein Team mag das vielleicht zutreffen, auf ihn selbst natürlich nicht. Portugal gegen Spanien ist der vorläufige Höhepunkt des Ronaldo-Hypes bei dieser EM. Da spielt der amtierende Welt- und Europameister mit seinen Strategen Xavi und Andrés Iniesta um den Einzug in sein drittes großes Finale in Serie, und trotzdem dreht sich wieder fast alles um "CR7“. "Cristiano ist einzigartig. Wir werden ihm besondere Aufmerksamkeit widmen“, sagte auch Spaniens Coach Vicente del Bosque. Nach 60 Pflichtspiel-Toren in dieser Saison für Real muss er keinem seiner Spieler mehr etwas über Ronaldos Qualitäten erzählen.

Rechtzeitig zu diesem Halbfinale ist der Superstar auch genau dort angekommen, wo er seiner Meinung nach hingehört bei dieser EM: An der Spitze der Torjägerliste (3 Treffer) und auf Platz eins jener Wertung, die die Spieler mit den meisten Torschüssen erfasst (29).

Die Statistik zu diesem Turnier sagt viel darüber aus, wie sich Spanien und Portugal in ihren Ausrichtungen unterscheiden. Der Titelverteidiger lebt von einem starken Kollektiv, in dem es fast schon egal ist, ob ein David Silva, Santi Cazorla oder Juan Mata im Mittelfeld spielt. Alle sind eingebunden in die scheinbar nie enden wollenden Kombinationsketten dieses Teams. Und so hat auch niemand sonst bei dieser EM mehr Pässe gespielt als die Spanier (2616).

Der Wert der Portugiesen liegt nur bei 1164. Sie setzen ganz auf die Qualitäten ihrer Einzelkönner – was in diesem Fall vor allem aber nicht nur Ronaldo bedeutet. So kommt bei der EM nicht nur der Spieler mit den meisten Torschüssen aus Portugal, sondern auch der beste Flankengeber (Nani) oder der beste Zweikämpfer (Pepe).

"Wir haben unsere eigene Identität und unsere eigene Strategie“, sagte Trainer Paulo Bento am Dienstagabend. "Unser Ziel ist es, nicht die ganze Zeit zu verteidigen. Das werden wir auch gegen den Welt- und Europameister nicht tun.“ Mittelfeldmann Custodio drückt das ähnlich selbstbewusst aus. "Unsere Waffen sind kein Geheimnis“, meinte der Spieler von Sporting Braga. "Wir benutzten sie in jedem Spiel und werden sie auch gegen Spanien einsetzen.“

"Gerade gegen Spanien“ wäre vielleicht die treffendere Formulierung gewesen. Denn gegen den großen und gern als überheblich bezeichneten Nachbarn gewinnen die Portugiesen ungefähr genauso gern wie ein Niederländer gegen Deutschland.

Vor zwei Jahren verloren Ronaldo und Co. bei der WM in Südafrika im Achtelfinale mit 0:1 gegen Spanien. Doch angesichts eines legendären Testspiels nur fünf Monate später sehen die Portugiesen darüber mittlerweile entspannt hinweg. Im November 2010 brachten sie dem Weltmeister mit 4:0 die höchste Länderspiel-Niederlage seit 1963 bei.

Auch dass Verteidiger wie Ramos oder Alvaro Arbeloa (ebenfalls Real Madrid) ihren Superstar besonders gut kennen, macht den Portugiesen überhaupt keine Sorgen. "Die ganze Welt kennt Ronaldo, nicht nur die Real-Spieler“, meinte Custodio. "Alle wissen, wie er spielt. Das Problem ist nur, wie man ihn stoppt.“ Mit Material von dapd