Der Bundesinnenminister verurteilte die rassistische Internet-Hetze gegen Nationalspieler Mesut Özil als “widerwärtig“ und forderte Solidarität.

Osnabrück. Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) hat die rassistische Internet-Hetze gegen Fußball-Nationalspieler Mesut Özil als „widerwärtig“ verurteilt und die Solidarität der echten Fans mit allen deutschen Spielern gefordert. In einem Gespräch mit der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ (Donnerstag) kritisierte Friedrich: „Der Fall Özil zeigt nur die Spitze des Eisbergs.“ Die Verwahrlosung der Umgangsformen im Internet sei „erschreckend“. Skeptisch äußerte er sich über die Chance, Twitter-Täter zu stellen. „Es gibt grundsätzlich Möglichkeiten, da die Täter im Netz Spuren hinterlassen. In vielen Fällen ist die Fahndung aber mangels Vorratsdatenspeicherung derzeit nicht erfolgsversprechend“, sagte der Minister.

Scharf kritisierte Friedrich kroatische Fans, die bei der EM erneut mit rassistischen Gesängen, Affengebrüll und Bananenattacken gegen farbige Spieler auffielen. „Diese Typen muss man isolieren und ihre hirnlosen Aktionen entlarven“, sagte er. Rassismus dürfe in der Gesellschaft keinen Platz haben. Als beschämend bezeichnete Friedrich auch „Sieg, Sieg“-Rufe deutscher Zuschauer ausgerechnet in der im Zweiten Weltkrieg von Deutschen besetzten Ukraine.

Auch dass einige wenige sogenannter Fans die verbotene Reichskriegsflagge gezeigt hätten, mache ihn wütend. „Als deutscher Patriot schäme ich mich, wie diese Leute unser Ansehen in Europa und der Welt versuchen zu beschädigen“, betonte der Innenminister. Die überwältigende Mehrheit der Fußballfans habe damit aber nichts zu tun. Es dürfe nicht sein, dass diese verschwindend kleine Minderheit das Bild bestimme und Deutschlands Ansehen schade.

Mit einer über Twitter verbreiteten Internet-Hetze gegen den Fußball-Liebling vieler deutscher Fans beschäftigte sich nur Mesuts Vater. „Es geht ja hier nicht allein um Mesut. Morgen ist es vielleicht Boateng, übermorgen Khedira, dann auch noch Gündogan und am Ende Podolski. Das geht doch nicht“, sagte Mustafa Özil.

Während des letzten Gruppenspiels des DFB-Teams am Sonntag in Lwiw gegen Dänemark war über einen anonymen Twitterkanal die Nachricht verbreitet worden: „Özil ist garantiert kein Deutscher! Ein Stück Papier ändert nicht die Abstammung.“ Nach rund 3000 Tweets und zahlreichen Protesten hatte Twitter das Profil geschlossen. „Bislang waren das nur Einzelfälle. Aber jeder Fall von Rassismus ist einer zu viel“, sagte Uefa-Chef Michel Platini nach schon mehreren Vorkommnissen während der EM.

Özils Management hat sich zu einer Anzeige gegen Unbekannt entschlossen, auch als Präventivmaßnahme. „Mesut ist in Deutschland geboren, hat mehr für Deutschland getan und auch für die Integration anderer Menschen als viele andere“, betonte sein Vater. Die schwachsinnige Hetzkampagne hat Özil und seine Familie getroffen. „Aber es belastet jetzt nicht die Leistung von Mesut als Fußballspieler“, versicherte Mustafa Özil, inzwischen auch der Berater des Real-Profis.

Zu den rassistischen Twitter-Äußerungen will sich Özil bis zum Griechenland-Spiel nicht äußern. „Das wichtigste Ziel ist es, dass ich mich auf Fußball konzentriere. Für alles andere ist mein Vater zuständig“, hatte der gebürtige Gelsenkirchener schon in der Gruppenphase erklärt. Özils Vater und sein Management hatten lange überlegt, ob sie juristisch gegen die Internet-Hetze vorgehen sollen oder nicht. „Aber hier wurde eine Grenze überschritten. Wir wollen vor allem Wiederholungen vermeiden“, betonte Mustafa Özil.

Schon in der Vergangenheit habe es ähnliche Vorfälle gegeben, berichtete Özils Vater, der mit der Strafanzeige nun ein Zeichen setzen will: „Wir wollen das nicht mehr zulassen – auch im Sinne der anderen Spieler.“ Mesut sei ein wunderbarer Junge, „der seinen Teil dazu beigetragen hat, dass dieses Bild des modernen Deutschland nach außen getragen wurde“, ergänzte Mustafa Özil. (kna/sid)