Felix Magath machte Draxler einst zum Profi und verstieß dabei sogar gegen Jugendschutzgesetzt. Nationalspieler will Wechsel erzwingen.

Wolfsburg. Allmählich gehen dem VfL Wolfsburg die Spieler aus: Naldo weg, André Schürrle weg, Max Kruse weg und nun will auch Weltmeister Julian Draxler die Niedersachsen verlassen. Die Norddeutschen, noch vor einem Jahr Vizemeister, DFB-Pokalsieger und in der Zukunft als Bayern-Jäger Nummer eins gehandelt, stehen vor einem Total-Ausverkauf. Die Änderungen im Kader, die Manager Klaus Allofs und Trainer Dieter Hecking noch im Mai nach einer enttäuschenden Saison ohne Europapokal-Platz gefordert hatten, fallen deutlich drastischer als erwartet aus.

„Bei mir ist es so, dass ich mich nach der EM gegenüber Trainer Dieter Hecking klar geäußert habe, dass ich den VfL Wolfsburg verlassen möchte. Der Trainer weiß seit drei Wochen Bescheid“, sagte Draxler der „Bild“. Damit brüskierte der Nationalspieler, der am Mittwoch erstmals nach seinem EM-Urlaub wieder mit dem VfL-Team trainierte, die Wolfsburger Vereinführung um Allofs und Hecking. Beide haben bisher einen Wechsel des EM-Teilnehmers kategorisch abgelehnt.

Allofs hatte den 22 Jahre alten Offensivspieler erst vor einem Jahr für 35 Millionen Euro vom Bundesliga-Rivalen Schalke 04 geholt und ihn mit einem Fünfjahresvertrag bis 2020 ausgestattet. Auch in Gelsenkirchen hatte Draxler einst einen Fünfjahresvertrag bis 2018 unterzeichnet, die Schalker ließen danach LKW-Anhänger mit der Aufschrift „Julian Draxler: Mit Stolz und Leidenschaft bis 2018“ durch das Ruhrgebiet fahren. Dennoch verließ der Profi den Verein.

Draxlers Worte waren geplant

Nun droht dem VfL ein ähnliches Schicksal. Draxler ist bei finanzstarken Clubs wie FC Arsenal oder Juventus Turin im Gespräch. Sein Interview war keine spontane Idee, sondern eine konzertierte Aktion. Er führte das Gespräch im Beisein seines Medienberaters Dirk Willers und verwies darauf, dass ihm Wolfsburg einen vorzeitigen Wechsel mündlich zugesagt habe: „Es war klar, dass der VfL Wolfsburg für mich damals eine gute Perspektive, aber auch ein Sprungbrett sein sollte.“

Über Draxlers schnellen Absprung-Wunsch wurde bereits seit Wochen in Wolfsburg spekuliert. Im Gegensatz zu den Fällen Schürrle und Kruse hatten Allofs und Hecking stets betont, dass sie Draxler halten wollen – notfalls sogar gegen dessen Willen. „Dann muss ein Spieler vielleicht auch mal damit leben, dass etwas nicht so läuft, wie er sich das vorstellt“, hatte der VfL-Coach zuletzt im „Kicker“ gesagt.

Wolfsburg steckt in der Klemme

Draxler griff die VfL-Führung deshalb an. „Mich überrascht doch sehr, dass seit Wochen rund um meine Person in den Medien kommuniziert wird. Das habe ich anders erwartet, z.B. dass mal jemand auf mich zukommt und fragt, wie sieht es bei Dir aus“, erklärte er. Das Verhältnis zu den Wolfsburger Verantwortlichen scheint unabhängig von den vertraglichen Verpflichtungen zerrüttet zu sein. Zu Allofs habe er während der EM in Frankreich nur kurzen Kontakt per SMS gehabt, berichtete Draxler.

Ob und wie es mit dem Nationalspieler in Wolfsburg weitergeht, ist unklar. Dem als Hoffnungsträger geholten Spielmacher droht ein Spießrutenlaufen bei den Fans, wenn er bleibt. Allofs droht ein Gesichtsverlust, wenn er dem Wechselwunsch zustimmt.

Klares Nein zum Draxler-Wechsel

Danach sieht es jedoch nicht aus. Aufsichtsrat und Geschäftsführung teilten am Mittwoch in einem Statement mit, der VfL Wolfsburg werde Julian Draxler in der aktuellen Transferperiode nicht transferieren. Der frühere Meister und Pokalsieger erklärte zudem, es habe "seitens der Verantwortlichen zu keinem Zeitpunkt schriftliche oder mündliche Zusagen bezüglich eines Wechsels von Julian Draxler innerhalb der aktuellen, bis zum 31. August 2016 noch andauernden Transferperiode" gegeben.

Gleichwohl räumten die Wolfsburger die Existenz einer schriftlich fixierten Ausstiegsklausel ein, welche 2017 greife. Nach Informationen des "Kicker" soll Draxler in einem Jahr den Verein für 75 Millionen Euro verlassen können.

Magath förderte Draxler

Draxler hatte bei Schalke als 17-Jähriger den Durchbruch im Profigeschäft geschafft. Sein großer Förderer war Ex-HSV-Spieler und -Trainer Felix Magath, der allerdings für Wirbel sorgte, Draxler in seinem Vorgehen, die Schule abzubrechen, um sich auf den Fußball konzentrieren zu können, unterstützte.

Magath war es auch, der den späteren Siegtorschützen Draxler beim 3:2-Erfolg im DFB-Pokal-Viertelfinale 2011 gegen Nürnberg erst zu später Stunde in der 116. Minute einwechselte und damit gegen das Jugendschutzgesetz verstoßen hatte. Das Schalker Eigengewächs war damals erst 17 Jahre alt. Letztlich blieb die Ordnungswidrigkeit aber ohne Konsequenzen.