Köln/Hoffenheim. Kölns Manager reagierte in Hoffenheim über, der DFB ermittelt. Schiedsrichter-Boss Fandel fordert “dringend“ Änderung des Verhaltens.

Nach dem Aufreger des Wochenendes in der Fußball-Bundesliga muss sich Jörg Schmadtke nun möglicherweise vor dem Sportgericht des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) verantworten. Zumindest hat der Verband Ermittlungen gegen den Sportchef des 1. FC Köln eingeleitet und Schmadtke über den Kontrollausschuss zu einer Stellungnahme bis Mittwoch aufgefordert.

Worum geht es? Schmadtke hatte nach dem Last-Minute-Punktverlust des FC in Hoffenheim (1:1) am Sonntag wütend einen Kaugummi Richtung Hoffenheimer Trainerbank gefeuert und damit unter anderem 1899-Profi Eugen Polanski gegen sich aufgebracht. Grund für Schmadtkes Zorn war ein mutmaßliches Foul an Kölns Lukas Klünter, das Schiedsrichter Deniz Aytekin nicht pfeifen wollte.

Während Klünter nach dem Tritt des Gegenspielers Eduardo Vargas in der Nachspielzeit am Boden liegen blieb, leitete Hoffenheims Andrej Kramarić einen Konter ein, der schließlich zum Ausgleichstreffer durch Kevin Volland führte. "A sehe ich da ein Foul und B muss ich sagen, dass wir in dieser Woche in der Liga den Fair-Play-Gedanken beerdigen", klagte Schmadtke hinterher in die TV-Mikrofone.

Ähnlich sah es Köln Trainer Peter Stöger: "Wir werden die Bälle nicht mehr ins Aus spielen. Der Einzige, der das Spiel unterbricht, ist eben dann der Schiedsrichter. Dann gibt es eben die Kategorie Fair Play von den Mannschaften nicht mehr", sagte er bei "Sky". FC-Nationalspieler Jonas Hector wollte sich indes "kein Urteil darüber bilden, ob er den Ball hätte ins Aus spielen müssen".

Hoffenheimer sehen es anders

"Man muss nicht jeden Ball ins Aus spielen. Im Abstiegskampf muss man fighten. Wir wollten den Angriff zu Ende führen. Das war Glück für uns und Pech für Köln", sagte Hoffenheims Kapitän Sebastian Rudy, während Torschütze Volland befand: "Klar, es lag einer auf dem Boden. Aber ich glaube nicht, dass ihn Andrej Kramarić gesehen hat."

Hoffenheims Trainer Julian Nagelsmann äußerte sogar Verständnis für den Kölner Ärger. "Wir sind in der Vorwärtsbewegung, sehen es nicht und spielen den Angriff zu Ende. Aber ich glaube nicht, dass man deshalb den Fair-Play-Gedanken beerdigen muss. So eine weltbewegende Aktion war der Zweikampf nicht", sagte er bei "Sky".

Schmadtke versucht Schadensbegrenzung

Als sich die Gemüter wieder etwas beruhigt hatten, rief Schmadtke noch am Sonntagabend Hoffenheims Sportchef Alexander Rosen an und bat am Telefon um Verzeihung für sein unflätiges Verhalten samt deutlicher Worte. "Damit ist die Gelegenheit für uns erledigt“, sagte Rosen.

Am Montag versuchte sich Schmadtke in weiterer Schadensbegrenzung. "Ich möchte (...) noch mal klarstellen, dass ich den Kaugummi nicht gezielt auf Julian Nagelsmann geworfen habe, wie ich gelesen habe. Ich habe nur in Richtung Hoffenheimer Coaching-Zone geworfen“, wurde Schmadtker am Montag in der Online-Ausgabe des „Express“ zitiert.

Ob die Beschwichtigungen bei den Ermittlungen zu mildernden Umständen führen wird, bleibt abzuwarten. Denn Schmadtke gilt als Wiederholungstäter. Erst im Januar war der 52-Jährige vom DFB-Sportgericht zu einer Geldstrafe von 6000 Euro verurteilt worden, weil er am 12. Dezember in der Partie bei Werder Bremen den Schiedsrichtern in der Halbzeitpause "Ihr Eierköppe werdet auch immer schlechter“ hinterhergerufen hatte.

Fandel fordert Verhaltensänderung

Derweil hat sich auch auch Schiedsrichter-Boss Herbert Fandel in die neue Fair-Play-Diskussion eingeschaltet und vehement eine Änderung des Verhaltens bei Spielern, Trainern und Funktionären gefordert. "Ich habe schon vor geraumer Zeit darauf hingewiesen, dass der Umgang aller Beteiligten im Fußball respektloser geworden ist. Es müssen Verhaltensänderungen her, dringend", sagte Fandel auf SID-Anfrage.

Der Vorsitzende der Schiedsrichter-Kommission des DFB erläuterte: "Wir müssen wieder mehr für unsere Werte einstehen, und dabei sind Respekt, Fair Play und Anstand ganz zentral. Alle Akteure im Fußball müssen dahin wirken, dass der Profifußball seiner Vorbildrolle wieder mehr gerecht wird. Sonst zerstören wir unsere Fußballkultur."

Am Wochenende hatte auch Wolfsburg über einen Verstoß gegen das Fair Play geklagt, als bei der 0:3-Niederlage in Leverkusen VfL-Profi Dante am Boden lag, der Ball jedoch nicht ins Aus gespielt worden war. Auch in diesem Fall hatte der Schiedsrichter jedoch regelkonform entschieden.

Fandel: "Die internationale und nationale Regelauslegung ist diesbezüglich ganz klar. Der Schiedsrichter soll das laufende Spiel nur dann unterbrechen, wenn zwei Spieler mit den Köpfen zusammengestoßen sind oder anderweitig der Verdacht auf eine sehr schwere Verletzung vorliegt."