München. Rummenigge soll Vorwürfe gegen Teamarzt Müller-Wohlfahrt geäußert haben. Effenberg warnt vor zu großer Machtfülle für Guardiola.

Nach dem plötzlichen Rücktritt des langjährigen Bayern-Mannschaftsarztes Hans-Wilhelm Müller-Wohlfahrt und seines Stabes könnte es am Freitag erste Antworten auf Fragen nach den genauen Gründen geben. In der Pressekonferenz vor dem Auswärtsspiel in der Fußball-Bundesliga bei 1899 Hoffenheim äußerte sich bereits Trainer Pep Guardiola kurz und knapp zur spektakulären Personalie. Doch viele Worte verlor der Spanier dabei nicht über Müller-Wohlfahrt: "Ich kann diese Entscheidung nur respektieren", sagte Guardiola.

Nach Informationen von "Sport1" könnten in Kürze noch weitere Rücktritte bekannt gegeben werden. Auch andere Medien berichten von Rücktrittsandrohungen der Physiotherapeuten.

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Am Freitag kündigte Müller-Wohlfahrt ein Statement zu seinem plötzlichen Rücktritt für einen späteren Zeitpunkt an. „Ich will noch nichts sagen, es ist noch zu früh. Ich werde mich noch äußern, aber nicht heute“, sagte Müller-Wohlfahrt mehreren Münchener Medien.

Spekuliert wurde im Rahmen des Rücktritts in Medien auch darüber, dass es zu einer Diskussion zwischen Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge und Müller-Wohlfahrt gekommen sein soll.

Der Verein nahm den Rücktritt seines Vereinsarztes indes zur Kenntnis und will „zeitnah“ eine Entscheidung über die endgütige Nachfolge treffen. Wie die Bayern am Freitag mitteilten, werde vorerst der Orthopäde und Unfallchirurg Volker Braun die Mannschaft bei den Spielen betreuen. Dieser war bisher für die zweite Mannschaft der Münchner tätig. Der Verein dankte Müller-Wohlfahrt für „erstklassige Arbeit“ in den vergangenen Jahren.

Viele verletzte Profis

Ungeachtet des personellen Wirbels und trotz der Verletzungsprobleme soll den Bayern am Sonnabend der erste von drei noch fehlenden Siegen auf dem Weg zur 25. deutschen Meisterschaft gelingen.

Weiterhin nicht dabei sein werden die beim 1:3 in der Champions League gegen den FC Porto schmerzlich vermissten Offensivkräfte Franck Ribéry und Arjen Robben. Sie hatten ebenso wie Weltmeister Bastian Schweinsteiger und noch andere Profis am Mittwoch das Viertelfinal-Hinspiel in Portugal verpasst.

Müller-Wohlfahrt sieht Vertrauensverhältnis beschädigt

Müller-Wohlfahrt teilte in einer Presseerklärung am Donnerstagabend mit, nach der Partie sei „aus uns unerklärlichen Gründen die medizinische Abteilung für die Niederlage hauptverantwortlich gemacht“ worden. Man sehe dadurch das für eine erfolgreiche medizinische Arbeit notwendige Vertrauensverhältnis nachhaltig beschädigt. Nähere Angaben wurden nicht gemacht.

Die Bayern wurden vom Schritt der Mediziner völlig überrascht. "Wir haben von dieser Pressemitteilung keine Kenntnis, insofern können wir sie nicht kommentieren", sagte Mediendirektor Markus Hörwick am Donnerstagabend. Neben Müller-Wohlfarth traten auch sein Sohn Kilian Müller-Wohlfahrt, Peter Ueblacker und Lutz Hänsel zurück.

Die Bilder der CL-Viertelfinal-Hinspiele

Manuel Neuer bekommt die Gelbe Karte nach einer Notbremse
Manuel Neuer bekommt die Gelbe Karte nach einer Notbremse © Sven Hoppe/dpa
Reals James Rodriguez (r.) verpasste nur knapp die Führung
Reals James Rodriguez (r.) verpasste nur knapp die Führung © AFP | GERARD JULIEN
Mario Mandzukic (r.) versuchte den pfeilschnellen Raphael Varane zu stoppen
Mario Mandzukic (r.) versuchte den pfeilschnellen Raphael Varane zu stoppen © dpa | Kiko Huesca
Volle Leidenschaft beim Viertelfinal-Hinspiel zwischen Real und Atletico
Volle Leidenschaft beim Viertelfinal-Hinspiel zwischen Real und Atletico © REUTERS | Juan Medina
Der Freistoß von Cristiano Ronaldo blieb in der Mauer hängen
Der Freistoß von Cristiano Ronaldo blieb in der Mauer hängen © REUTERS | Paul Hanna
Mario Mandzukic hatte in der ersten Hälfte kaum Szenen
Mario Mandzukic hatte in der ersten Hälfte kaum Szenen © AFP | DANI POZO
Cristiano Ronaldo (l.) verschaffte sich Platz
Cristiano Ronaldo (l.) verschaffte sich Platz © AP | Daniel Ochoa de Olza
Alvaro Morata (l.) artistisch gegen Layvin Kurzawa
Alvaro Morata (l.) artistisch gegen Layvin Kurzawa © AFP | GIUSEPPE CACACE
Eng dran: Alessandro Matri (r.) und Layvin Kurzawa
Eng dran: Alessandro Matri (r.) und Layvin Kurzawa © Getty Images | Marco Luzzani
Arturo Vidal sorgte für das 1:0
Arturo Vidal sorgte für das 1:0 © Getty Images | Marco Luzzani
Der Chilene traf per Strafstoß
Der Chilene traf per Strafstoß © dpa | Di Marco
Juventus hat einen großen Schritt Richtung Halbfinale gemacht
Juventus hat einen großen Schritt Richtung Halbfinale gemacht © AP | Antonio Calanni
Carlos Tevez zeigte nach dem Spiel seinen tätowierten Rücken
Carlos Tevez zeigte nach dem Spiel seinen tätowierten Rücken © REUTERS | Stefano Rellandini
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Müller-Wohlfahrt schmiss schon einmal hin

Der 72-jährige Müller-Wohlfahrt war seit fast 40 Jahren mit einer kurzen Unterbrechung Mannschaftsarzt der Münchner und betreut auch die deutsche Nationalmannschaft. 2008 schmiss er schon einmal beim Rekordmeister hin, Grund waren Zerwürfnisse mit dem damaligen Bayern-Coach Jürgen Klinsmann. Dieser forderte bei seiner kurzen Bayern-Amtszeit 2008/09 einen ständigen Arzt am Vereinsgelände. Erst, als der Schwabe entlassen wurde, kehrte der Arzt wieder auf seinen Posten zurück. Klinsmann wollte sich am Freitag auf Anfrage nicht zur Personalie Müller-Wohlfahrt äußern.

Und auch zwischen dem aktuellen Bayern-Trainer Guardiola und Müller-Wohlfahrt war es in der Vergangenheit bereits zu Meinungsverschiedenheiten gekommen, das Verhältnis galt als belastet.

Allein Mimik und Gestik des katalanischen Starcoaches während einiger Bayern-Spiele stellten den gestandenen Mediziner ein Stück weit bloß.

So reagierte Guardiola auf die Verletzung Benatias im Pokalspiel bei Leverkusen:

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Vorstandschef Rummenigge hatte vor einem halben Jahr entsprechende Berichte allerdings dementiert und versichert, es gebe keinen medizinischen Dissens bei Bayern München. Vor dem Champions-League-Spiel beim AS Rom im vorigen Oktober widersprach Rummenigge Berichten, es habe einen Streit um die Behandlung und den Operationsort von Thiago gegeben, der nach einem dritten Innenbandteilriss in Barcelona behandelt wurde. Guardiola hatte Thiago gegen den Rat der Bayern-Ärzte nach Spanien geschickt und anschließend erklärt, das sei vielleicht ein großer Fehler gewesen.

Bayern-Fans pöbeln gegen Guardiola

Für einen Großteil der Bayern-Fans scheint der Fall indes bereits klar zu sein: Im Internet machen zahlreiche Anhänger Guardiola verantwortlich für Müller-Wohlfahrts Entscheidung und fordern bereits den Rausschmiss des Trainers. "Pep hat in zwei Jahren alles kaputt gemacht, was schon seit 10 Jahren die Leute in Bayern aufgebaut haben", lautete noch einer der harmloseren Kommentare auf der Facebookseite der Münchener.

Auch Ex-Bayern-Profi Stefan Effenberg nahm Guardiola ins Visier. „Jetzt muss man aufpassen, dass Guardiola nicht zu viel Macht bekommt und auch noch bestimmt, wer das neue Ärzteteam wird", sagte der Sky-Experte am Freitag, "das könnte für die Zukunft des FC Bayern gefährlich sein." Der Weggang Müller-Wohlfahrts könne sich nach Einschätzung Effenbergs außerdem "negativ auf die entscheidenden Spiele in den nächsten Tagen und Wochen auswirken“.

Zu den Hintergründen sagte er: "Es müssen gravierende Dinge vorgefallen sein, durch die Müller-Wohlfahrt in seiner Arbeit beschnitten wurde. Denn ein Müller-Wohlfahrt wirft nicht einfach so hin."

Matthäus spricht von Rummenigge-Vorwürfen

Noch genauer informiert sein will nach eigenen Angaben mit Lothar Matthäus ein weiterer früherer Bayernspieler. „Wie ich erfahren habe, muss Karl-Heinz Rummenigge in der Kabine in Porto der medizinischen Abteilung einen Vorwurf gemacht haben, warum es so viele verletzte Spieler gibt. Diesen hat ein Arzt wie Müller-Wohlfahrt natürlich nicht auf sich sitzen lassen“, sagte Matthäus bei "Sky".

Den Verlust Müller-Wohlfahrts hält Matthäus für gravierend: „Wenn Bayern München diese medizinische Abteilung verliert, ist es das Gleiche, wie Robben, Ribéry und Thiago als Spieler auf einmal zu verlieren. Da geht sehr viel verloren, was den FC Bayern über Jahrzehnte ausgezeichnet hat.“

Der Rekordnationalspieler sieht auch längerfristige Folgen für die Arbeit Guardiolas in München. „Ich glaube nicht, dass Pep Guardiola seinen Vertrag verlängert. Er hat bis 2016 einen Vertrag, deswegen lässt man sich auch Zeit. Solche Kleinigkeiten hinterlassen natürlich auch Narben. Man muss sich fragen, ob diese Narben wieder verheilen", sagte Matthäus.

Guardiola ärgerte sich über "Mulls" Sohn

Die tägliche Arbeit mit der Mannschaft hatte seit Anfang des Jahres Kilian Müller-Wohlfahrt geleistet. Guardiola soll zuvor darüber verärgert gewesen sein, dass die Spieler bei Blessuren stets den langen Weg zu Müller-Wohlfahrt Senior in die Münchner Innenstadt zurücklegen mussten.

In einem Alter, in dem für die meisten längst der Ruhestand begonnen hat, ist Müller-Wohlfahrt immer noch aktiv. Weiterhin gilt der Arzt aus München als Institution, als Guru der Prominenz. Sogar Supersprinter Usain Bolt, der Doppel-Olympiasieger von London, bedankte sich nach seinem Sieg über 100 Meter ausdrücklich beim "Doc".

Sprintstar Bolt schwärmt vom Doc

"Er ist ein großer Mann. Er hat meine Muskeln behandelt, aber er war mehr als ein Arzt für mich", sagte der Jamaikaner und fügte an: "Er hat eine sehr wichtige Rolle gespielt." Die spielt und spielte Müller-Wohlfahrt aber nicht nur bei Bolt. In der Praxis in der Münchner Innenstadt geben sich Stars aus allen Bereichen des Lebens die Klinke in die Hand. Da taucht dann schon einmal spontan ein Bruce Springsteen auf, weil seine Konzerttournee wegen akuter Rückenprobleme in Gefahr ist.

Warum so viele Menschen dem in Leerhafe in Ostfriesland geborenen Pastorensohn vertrauen, verdeutlicht Tennisspielerin Andrea Petkovic: "Er hat goldene Hände". Rekordnationalspieler Lothar Matthäus sprach einst von "Radarfingern". Boris Becker ergänzte, dass "Mull", wie er meist genannt wird, "ein seelisches Wannenbad" sei, ein "Dr. Feelgood" (Sunday Times) eben. (HA/dpa/sid)